Giwi Margwelaschwili

© Artes pro Vobis-Heide Schumann

Steckbrief

geboren am: 14.12.1927
gestorben am: 13.3.2020
geboren in: Berlin/ Deutschland
gestorben in: Tiflis/Georgien

Vita

Giwi Margwelaschwili wurde am 14. Dezember 1927 als Sohn georgischer Emigranten in Berlin-Charlottenburg geboren. Seine Mutter starb als er sechs Jahre alt war, sein Vater lehrte Orientalistik an der Kaiser-Wilhelm-Universität und war Mitarbeiter der georgischen Emigrantenzeitung „Kaukasus“. Giwi besuchte nach der Volksschule, bedingt durch das Kriegsgeschehen, das Fichte-, Moltke-, Ernst Moritz Arndt- und Bismarckgymnasium und erlebte die Bombardierung Berlins.

Im Februar 1946 wurde er zusammen mit seinem Vater vom sowjetischen Geheimdienst NKWD aus dem westlichen Sektor Berlins in die Ostzone entführt, der Vater in Georgien erschossen. Giwi kam in die sowjetischen Speziallager Hohenschönhausen und Sachsenhausen und wurde 1947 nach Georgien verbracht.

Mit Hilfe einflussreicher Verwandter und Freunde konnte Giwi Margwerlaschwili Germanistik studieren und von 1954 bis 1970 am Pädagogischen Fremdspracheninstitut Tbilissi als Deutsch- und Englischlehrer arbeiten. In dieser Zeit entstanden seine ersten Romane und Arbeiten zur phänomenologischen Philosophie. 1966 und 1972 besuchte ihn Heinrich Böll und war beeindruckt vom ersten Band des „Kapitän Wakusch“.

Von 1970 bis 1980 war Giwi Margwelaschwili mit der Schriftstellerin und Leiterin des Kaukasischen Hauses Naira Gelaschwili verheiratet. 1975 wurde ihre Tochter Anna geboren.

Mit der Berufung Giwi Margwelaschwilis 1971 an das Philosophische Institut der Georgischen Akademie der Wissenschaften entstanden fünf Bände mit Arbeiten zur deutschen Phänomenologie, die inzwischen in Tbilissi erschienen, vorwiegend in russischer Sprache. Giwi Margwelaschwili gehört nach Merab Marmardaschwili zu den wichtigsten Philosophen Georgiens, die unter den Bedingungen der Sowjetdiktatur einen erstaunlichen Beitrag zur Entwicklung der Philosophie leisteten.

Seine Hauptarbeit aber bestand im Schreiben ontotextologischer Romane und Kurzprosa, in denen er in spielerischer Form das Leben der Buchpersonen erforscht, der Romanhelden und lyrischen Ichs, die mit Hilfe der Fantasie des Lesers für einen Leseaugenblick ihren Textweltkäfigen entfliehen können. Die Abhängigkeit ihres Lebens vom Gelesenwerden entspricht der Situation eines Autors, der in einer 40jährigen sowjetischen „Nachkriegsgefangenschaft“ seiner deutschen Muttersprache treu blieb und mehr als vierzig Bücher schrieb, die damals von niemandem gedruckt und gelesen wurden.

Durch die Freundschaft mit dem Okudshawa-Liedersänger und DDR-Bürgerrechtler Ekkehard Maaß konnte Giwi Margwelaschwili 1991 nach Deutschland zurückkehren. In Ekkes Literarischem Salon in der Schönfließer Straße 21 traf er auf die Dichter- und Malerszene vom Prenzlauer-Berg und auf Autoren wie Heiner Müller, Andrej Bitow, Tschingis Aitmatov, Allain Ginsburg und Ernst Jandl.

Giwi Margwelaschwili war Stipendiat der Heinrich-Böll-Stiftung, und des DAAD. Er nahm an zahlreichen internationalen literarischen Konferenzen teil und war Stadtschreiber in Saarbrücken und Rheinsberg.

Von 1991 bis 1994 erschienen von ihm sechs Bücher in renommierten Verlagen sowie Texte in Anthologien und Literaturzeitschriften; seit 2007 erscheinen seine Bücher beim Berliner Verbrecher Verlag.

1994 wurde Giwi Margwerlaschwili die deutsche Staatsbürgerschaft verliehen und lebenslang die Künstlerhilfe des Bundespräsidenten zuerkannt. Er war Mitglied des PEN. 1995 erhielt er für sein Gesamtwerk den Brandenburgischen Literatur-Ehrenpreis, 1997 den Förderungspreis Literatur des Kunstpreises Berlin, 1998 die Ehrendoktorwürde der Staatlichen Universität Tbilissi und 2002 den Gustav-Regler-Preis der Stadt Merzig. 2006 wurde ihm in Weimar die Goethe-Madaille verliehen, es folgten 2008 das Bundesverdienstkreuzes am Bande, 2013 der künftig nach ihm benannte deutsch-georgische Kulturpreis, 2013 der Italo-Svevo-Preis und 2015 anlässlich seines 88. Geburtstages der höchste georgische Orden "The Presidential Order of Excellence" und die Ehrendoktorwürde der georgischen Staatsuniversität "Ilya". Nach der Zuerkennung der doppelten Staatsbürgerschaft wurde er 2015 sowohl in Georgien als auch in Deutschland für den Literaturnobelpreis vorgeschlagen.

Über Giwi Margwelaschwili enstanden Fernsehbeiträge und Dokumentarfilme wie 1990 die Aspektesendung von Holger Kulick im ZDF; 1996 Stadtschreiber in Rheinsberg - Giwi Margwelschwili und Bert Papenfuß im RBB; 1997 von Irene Langemann: Zwischen hier und dort, Der Schriftsteller Giwi Margwelschwili, Deutsche Welle, und von Petra Tschörtner: Herr Giwi und die umgekehrte Emigration, Quintefilm, in: Das kleine Fernsehspiel, ZDF. 2013 schuf Marika Lapauri-Burk Lile e. V. den Film: Zuschauerräume. Weitere Filme entstanden in Georgien wie der Dokumentarfilm „Uzkho“ (Fremde), der 2019 im Ersten georgischen Fernsehen gezeigt wurde.

2011 kehrte Giwi Margwelaschwili aus gesundheitlichen Gründen nach Georgien zurück, wo er am 13. März 2020 in Tbilissi verstarb. Die Liste seiner Veröffentlichungen, Rezensionen, Fotos und weitere Informationen siehe: www.giwi-margwelschwili.de

Würdigung

1990/91 Stipendien des DAAD und der Heinrich-Böll-Stiftung
1994 Ehrenstipendium des Bundespräsidenten
1995 Stadtschreiber in Rheinsberg
1995 Literaturpreis des Landes Brandenburg
1996 Poetik-Vorlesung in Bamberg
1997 Reise über das Goetheinstitut in die USA
1997 Förderungspreis Literatur des Kunstpreises Berlin
1998 Ehrendoktor der Staatlichen Universität Tbilissi
2002 Gustav-Regler-Preis der Stadt Merzig
2006 Verleihung der Goethe-Madaille in Weimar

Werk

Eigenständige Veröffentlichungen

Veröffentlichungen in Anthologien

siehe www.giwi-margwelschwili.de

Einträge im Register der Literaturzeitschriften

Veröffentlichungen in literarischen Zeitschriften

siehe www.giwi-margwelschwili.de

Über Werk / Autor

E. aaß, Lang mögest Du leben!

Wakusch Verlag 2002 (Festschrift) Berlin

Petra Tschörtner, Herr Giwi und die umgekehrte Emigration

ZDF 1997 (Dok. Film)

Carsten Gansel in: Leben im Ontotext

federchen Verlag 1993 Neubrandenburg

Irene Langemann, Zwischen hier und dort, Der Schriftsteller Giwi Margwelschwili

DW, TV Berlin 1997 (Dok. Film)

Stadtschreiber in Rheinsberg

RBB 1996 (Dok.Film) Berlin

siehe: www.giwi-margwelschwili.de

Zuletzt durch Giwi Margwelaschwili aktualisiert: 27.08.2020

Literaturport ID: 115