Leselampe

Buchempfehlung der Woche

von Alexander Lehnert

Alexander Lehnert ist Moderator und Kulturvermittler auf und an der Spree. Er betreibt seit fast einem Jahrzehnt die anonyme Lesereihe „Konzept*Feuerpudel“, arbeitet als Stadtbilderklärer auf einem Spreedampfer entwickelt in der Gleiswildnis Formate zur Vermittlung von Kultur.
Aktuell läuft noch bis zum 13. Februar eine von ihm gestartete Crowdfunding-Kampagne, welche ein weiteres Feuerpudel-Jahr ermöglichen soll:
https://www.startnext.com/konzept-feuerpudel?fbclid=IwAR1ymA-dkq1vEsT_aLRc-O0qUHSIF2K2jVZKbTaNP-XyVKwubhiPg3x97hc

Usama Al Shahmani
In der Fremde sprechen die Bäume arabisch
(Roman); Limmat Verlag, Zürich 2018

„Flucht ist keine Reise“, sagt der Schriftsteller Usama Al Shahmani. Was es wirklich bedeutet zu fliehen, weiß ich nicht. Jeden Weg, den ich bisher zurückgelegt habe, konnte ich planen. Ich kann mir Ziele aussuchen, von denen ich weiß, was mich erwartet. Das Fliehen der Anderen, das sind Headlines zwischen Werbeanzeigen und Pop-Ups, Pfeile auf den Karten von Afrika, des Nahen Ostens und Europas und Suchmaschinen-Algorithmen, die gelernt haben, unsere Fragen zu ergänzen. Für die Suche „Flüchtlinge, Berlin...“ schlagen sie weit vorne vor: „...Anzahl“.

Abseits des Zahlen-Fetischismus einer Öffentlichkeit, die oft in Superlativen ausgetragen wird, erzählt Usama Al Shahmani von Usama, der in der Schweiz versucht, heimisch zu werden, als ihn die Nachricht vom Verschwinden seines Bruders im Irak erreicht. Der die Geschehnisse im Irak verfolgt und sich fragt, warum er sich nach einem „Land des Schmerzes“ sehnt. Der zuerst keine nachvollziehbaren Gründe findet, wozu „Wandern“ gut sein soll, um später in der Natur seine Erlebnisse zu verarbeiten und Kraft zu finden.
Die Bewältigung der Fremdheitsgefühle in einer anderen Kultur, der Versuch des Ankommens, aber auch Ereignisse der irakischen Geschichte während der Golfkriege und der amerikanischen Besetzung beschreibt Al Shahmani in großer sprachlicher Schönheit, auch dort, wo es einem die eigene Sprache verschlägt. Im Spannungsfeld zwischen dem Leben, das er zurücklassen musste, und dem, das er sich in der Schweiz aufbaut, entsteht eine Nähe zum Erzähler und der Geschichte dieses einen Menschen, an die man sich erinnert, wenn wieder eine Zahlenkolonne auftaucht, eine Karte veraltet oder diskutiert werden muss, wer im Zug einen Sitzplatz bekommen hat.

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