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Burg Eisenhardt und die Belziger Postsäule

Informationen

Literaturangabe:

Brachwitz, Oskar
Sagen aus dem Kreis Zauch-Belzig, Belzig 1937

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Burg Eisenhardt und die Belziger Postsäule

Burg Eisenhardt und die Belziger Postsäule

Vor vielen Jahren wohnte auf der Burg Eisenhardt ein Burggraf mit seiner tugendhaften, schönen Tochter. Fast täglich kam sie in die Stadt, Einkäufe zu besorgen. Da sah sie denn eines Tages ein Handwerksgesell und entbrannte in heftiger Liebe zu ihr. In der Nacht schlich er sich zur Burg und schaute sehnsüchtig hinauf zum Turmstübchen, in dem das Ritterfräulein eben das Licht löschte. Als alles in der Burg schlief, kletterte er im Mondlicht an dem Turm in die Höhe und hielt sich mit zitternden Händen in den Fugen des Mauerwerks fest. Endlich gelangte er nach furchtbarer Anstrengung bis ans Fenster der Turmstube, in der das Fräulein schlief. In der lauen Sommernacht stand das Fenster offen, und mit klopfendem Herzen betrat der Geselle die Stube. Nachdem er lange vor dem Bett seiner Erwählten gestanden und sich an ihrer Schönheit satt geschaut hatte, wagte er es schließlich, der Schlafenden einen zaghaften Kuß auf den Mund zu drücken. Mit einem Schrei fuhr das Burgfräulein in die Höhe und betrachtete mit Erstaunen den fremden Jüngling, der vor ihrem Bett auf die Knie gesunken war, mit heißen Worten ihr seine Liebe gestand und um Verzeihung für seine Kühnheit bat. Eben wollte ihn das liebliche Mädchen aufheben, da öffnete sich die Tür und herein trat, hochrot vor Zorn, der Burgherr. Vergebens warf sich der junge Gesell vor ihm auf die Knie; vergebens bat auch die Tochter, deren Herz von tiefem Mitleid bewegt war, um Schonung. Der Ritter warf den kühnen Eindringling in das Burgverlies. "Dein Leben sollst du behalten, wenn du mir morgen früh das Geheimnis der Belziger Postsäule mitteilen kannst", sprach er dann hohnlachend zu dem unglücklichen Gefangenen. "Sage mir, woher an jedem Abend der silberne Schein auf dem Pflaster an der Postsäule kommt, und du sollst frei sein. Kannst du es aber nicht, so ist mir dein Kopf verfallen."

Verzweifelt warf sich der Jüngling auf das harte Lager. Er konnte weder das Rätsel lösen, noch gelang es ihm, aus diesem Kerker zu entfliehen. Endlich senkte sich doch der Schlaf auf den Armen, und in der Morgenfrühe hatte er einen seltsamen Traum. (Nun mag der Henker kommen!) rief er beim Erwachen fröhlich aus und erwartete voll Ungeduld den Tag. Bald kreischten die rostigen Riegel, und breitbeinig stand der Ritter auf der Schwelle. Hinter ihm stand lachend der Henker. "Nun, Meister Hans", sprach der Ritter, "greift Euch diesen lockeren Vogel. Er wollte hoch hinaus, so mag er gehängt werden." - "Noch nicht", sprach mutig der Geselle. "Gebt mir einen Spaten und folgt mir!" Man hieß ihn voranschreiten und stand gleich darauf auf dem Burghof. Das Burgfräulein war mitleidig herabgestiegen und stand nun zitternd im Hof. Doch der Gesell nickte ihr zu und sprach dann: "Wenn Gott mir beisteht, so will ich Euch das Geheimnis der Postsäule an Ort und Stelle sagen." Damit ergriff er einen Spaten und schritt, vom Henker geführt und von allen Burgbewohnern begleitet, zur Stadt hinunter. An der Postsäule angekommen, machte er halt und fing an, eifrig auf der der Burg abgewandten Seite der Säule zu graben. Neugierig umdrängten alle den Schaffenden, der voll froher Zuversicht immer tiefer grub. Jetzt klang es hohl in der Tiefe, und gleich daraufhob der Jüngling ein schweres irdenes Gefäß in die Höhe. "Von diesem Gold", sprach er, "kommt allabendlich der silberne Schein auf dem Pflaster", und nahm den Deckel ab. Da zeigte sich das Gefäß mit Gold- und Silberstücken gefüllt. Ehrerbietig reichte der Gesell dem Burgherrn den Krug. Dann fiel er ihm zu Füßen und bat um sein Leben. Doch der Ritter hob ihn in die Höhe, führte ihn zu seiner Tochter und sprach: "Ich schenke dir nicht nur dein Leben, sondern auch die Hand meiner Tochter, wenn sie dich mag." Noch am gleichen Tag wurde Hochzeit gefeiert, bald darauf wurde der junge Gesell zum Ritter geschlagen und Burgherr auf der Burg Eisenhardt. Der Burggraf aber zog auf seine zweite Burg.

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