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Das vermauerte Tor zu Gransee

Informationen

Literaturangabe:

Haase, Carl Eduard
Sagen der Grafschaft Ruppin und Umgebung, Neu-Ruppin 1887

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Das vermauerte Tor zu Gransee

Das vermauerte Tor zu Gransee

In vielen Städten der Mark Brandenburg, nur nicht in der Altmark, findet man etwas, das man nur sehr selten in anderen Ländern antrifft. Neben dem gewöhnlichen Stadttor ist nämlich noch ein zweites, zugemauertes Tor. Nach allem muß man annehmen, daß dieses das allererste gewesen, weil es mit dem Bau der Mauer, in der es sich befindet, übereinstimmt, und weil es auch gerade auf die Straße zugeht, wogegen das jetzige offene Tor schräge in die Stadt hineinführt. Welche Bedeutung die zugemauerten Tore gehabt haben, und aus welcher Veranlassung sie vermauert sind, das suchen unsere Geschichtsschreiber vergeblich zu erforschen. Es finden sich dergleichen vermauerte Tore in Kyritz, in Wittstock, zu Wusterhausen im Ruppinschen, zwei zu Gransee, drei zu Soldin, zwei zu Friedeberg, zwei zu Mohrin, zwei zu Berlinchen, zwei zu Königsberg, zwei zu Schönfließ, desgleichen zu Landsberg an der Warthe, zu Beerwalde, zu Woldenberg, zu Bernau, zu Fürstenwalde und zu Mittenwalde.

Von den beiden Toren zu Gransee hat man zwei verschiedene Sagen. Einige nämlich geben vor, es sei einst ein Kaiser durch die Stadt gereist, dem zu Ehren man beide Tore, durch die er gekommen, zugemauert, damit niemand mehr hindurchreisen solle. Andere dagegen behaupten, da bekanntlich in Gransee früher Wenden gewohnt, daß diese von den einwandernden Deutschen vertrieben seien, und nun diese letzteren die Tore, durch welche die Wenden ausgegangen, nicht würdig erachtet, auch von ihnen gebraucht zu werden, weshalb sie diese dann zugemauert und für sich nebenan neue Tore haben machen lassen. Hiermit stimmt es überein, daß in den Dörfern auf dem Land, wo noch Deutsche und Wenden zusammenwohnten, die Deutschen sich der gewöhnlichen Kirchentüren bedienten, dieses aber nicht den Wenden gestatteten, die durch eine kleine, besonders angelegte Tür in die Kirche gehen mußten.

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