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Der vergrabene Schatz in den Gesundbrunnenbergen

Informationen

Literaturangabe:

Schmidt, Rudolf
Märkisches Sagenbuch, Charlottenburg 1909

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Der vergrabene Schatz in den Gesundbrunnenbergen

Der vergrabene Schatz in den Gesundbrunnenbergen

Der Vorfahr einer alten Eberswalder Sattlerfamilie war in der letzten Hälfte des 18. Jahrhunderts, da er in seinem Handwerk nicht volle Beschäftigung hatte, von der Stadt mit mancherlei betraut worden. So war er auch eines Tages damit beschäftigt, hinter dem Brunnen einen Graben aufzuräumen, als er plötzlich einen großen Behälter vor sich sah, der mit Gold gefüllt und so schwer war, daß er ihn nicht heben konnte. Deshalb wollte er ihn nach und nach leeren und füllte, da es ihm an anderem Gerät mangelte, seine Mütze mit Goldstücken. Bei dieser Beschäftigung trifft ihn sein kleiner Sohn und spricht: "Vater, schenk mir auch einen Heller!" In demselben Augenblick versinkt der Behälter mit dem Geld, das Erdreich bricht von allen Seiten zusammen, und der ehrbare Meister hat kaum Zeit, die Mütze mit dem Geld zu bergen. Dies Mißgeschick ging ihm natürlich sehr zu Herzen, und er begab sich sogleich zu dem als Wundermann bekannten alten Stadtschäfer, um ihm den Hergang zu erzählen. Der Schäfer meinte, daß er schon lange von dem verborgenen Schatz wisse und brachte das Verschwinden desselben damit in Verbindung, daß bei dem Auffinden hätte kein Wort gesprochen werden dürfen. In der nächsten Johannisnacht solle er mit mehreren zuverlässigen mit Spaten ausgerüsteten Leuten nach dem "Brunnen" kommen, wo er um elf Uhr abends sich auch einfinden werde. In jener Nacht gab nun der Schäfer folgende Anweisung: Er selbst wolle sich unter einer großen Linde aufstellen, und die Leute sollten sich an die Stelle begeben, wo der Schatz seinerzeit gefunden und verschwunden war. Punkt zwölf Uhr werde er ein Zeichen geben, nach welchem das Graben beginnen sollte. Jedem einzelnen legte er noch ausdrücklich ans Herz, kein Wort bei der Arbeit zu sprechen, denn sonst sei alle Mühe vergebens. Mit dem Glockenschlag zwölf Uhr wurde mit dem Aufgraben begonnen, und nach kurzer Zeit war der Schatz bloßgelegt. Da kamen beim Bergen desselben einige Vorstädter (Kuhlaer) hinzu, welche in der Johannisnacht heilkräftige Krauter sammelten und fragten: "Woas moackt ju denn doa?" In demselben Augenblick verschwand der Schatz wie mit einem Zauberschlag, und das ihn umgebende Erdreich stürzte wiederum zusammen. Die Schatzgräber kamen sofort zu dem alten Schäfer, der noch immer Wache hielt, und erzählten ihm das Mißgeschick. Nun schien alles verloren, doch tröstete der Alte die Leute und erteilte ihnen einen neuen Rat. Wenn es gelänge, von der Witwe des Inspektors Rücker ein Buch mit bestimmtem Titel zu erlangen, so könne der Schatz dennoch geborgen werden, es möge dabei passieren, was da wolle. Am nächsten Morgen begibt sich der Sattlermeister zu der Frau Inspektorin und trägt ihr sein Anliegen vor. Doch Frau Rücker gab die betrübende Antwort, daß sie zu ihrem Leidwesen dem Wunsche nicht entsprechen könne, da sie das Buch auf Befehl ihres Mannes verbrannt habe. So blieb der Schatz ungehoben, wenigstens ist von einem Auffinden nie etwas bekanntgeworden.

Von einem Schatzfund auf dem ehemaligen Adlerschen Weinberg, wo jetzt die Häuser der Weinbergstraße stehen, erzählt der alte Küster Behling in seiner hinterlassenen handschriftlichen Chronik folgendes. Im Sommer 1721 trug sich eine merkwürdige Begebenheit zu. Der damalige Eigentümer dieses Weinberges Gottfried Adler, Bürger und Riemer allhier, hatte um die Mittagszeit seinen Sohn Gottfried Adler von 14 Jahren (welcher mein Schulkamerad, auch nachher hier Bürger und Riemermeister geworden) daselbst zur Wache des Obstes und anderer Gartengewächse wegen, weil der Vater selbst nach Hause gehen wollte, darin zurückgelassen. Der Knabe und Wächter legt sich am Berg gleich bei der Hütte, welche von einigen Brettern schlecht zusammengeschlagen war, in die Sonne und schlägt mit einem kleinen Stock, wie Kinder gewohnt sind, vürnehmlich wenn sie ganz allein sind, etlichemal stark vor sich in den Sand. Als er eine etwas kleine Fahre durch das oftmalige Schlagen gemacht, hört er etwas klingen, als wenn man an einen Kessel schlägt; er steht auf, um zu sehen, was dieses Klingen, das ihm so sehr merkwürdig vorkommt, wohl bedeuten möchte. Dabei wird er gewahr, daß aus dem Berg eine Kette, die an einem eisernen Kasten etwa eine Elle breit und lang hängt, hervorsieht. Er ergreift diese Kette und versucht, ob er den Kasten herausziehen könne, kann ihn aber nicht von der Stelle bringen, spürt auch sogleich an sich, daß ihm die Zunge geradezu wie gelähmt sei und er nicht reden kann. Indes eilt er nach Hause, um seinem Vater von allem, was vorgegangen, Nachricht zu geben, kann aber kein Wort sprechen; er zieht ihn so lange und weist mit Zeichen, bis er ihm endlich folgt. Dieser Fall breitet sich sogleich über die ganze Stadt aus. Der Vater geht in Begleitung vieler Neugierigen mit dem Sohn nach dem Weinberg; sobald die zur Stelle kommen, kann der Knabe zwar wieder reden, aber der Kasten ist nicht da, auch keine Spur mehr davon zu finden. In der folgenden Nacht haben einige dabei Gegenwärtige, wie zu vermuten ist, heimlicherweise an dem Ort, den der Knabe bezeichnet hatte, ein großes Loch, mannstief, wie einen Keller ausgegraben. Ob sie dort etwas gefunden, ist niemals lautbar geworden. Diese Historie ist nachher, als der Adler jr. reifere Jahre erlangt, zum öfteren von ihm, aber auch allzeit mit einer ihn ankommenden Furcht erzählt worden. Und wo ich nicht irre, ist diese Geschichte ihrer ganzen Begebenheit nach noch in den Schriften im Rathaus aufbewahrt. Wenn es also wahr sein sollte, daß auf dem Kiehn Werder, der mit dem Weinberg verbunden, ein Kirchenschatz verborgen ist, dürfte der hier erzählte Umstand solchen sehr wahrscheinlich gemacht haben.

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