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Die elf Berge bei Potsdam

Informationen

Literaturangabe:

Grässe, Johann Georg Theodor
Sagenbuch des preußischen Staates, Glogau 1868

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Die elf Berge bei Potsdam

Die elf Berge bei Potsdam

In die Burg von Potsdam - die von der Havel und einem breiten Graben umschlossen an der Stelle der jetzigen Heiligengeist-Kirche lag - waren einmal zur Feier des Osterfestes viele Gäste gekommen, darunter elf junge Ritter, welche sich alle um die Hand der Tochter des Schloßherrn bewarben. Als nun am Ostermorgen die Gäste beim Frühmahl saßen und die Freier in das Burgfräulein drangen, sich für einen von ihnen zu erklären, sie sich aber nicht entscheiden wollte und doch gleichwohl auch dem Drängen derselben und dem Wunsch ihres Vaters nicht länger Widerstand entgegensetzen konnte, erklärte sie, sie wolle dem von ihnen die Hand reichen, den sie am nächsten Morgen, dem zweiten Feiertag, an dem Punkt treffen werde, von wo man die schönste Aussicht in das Land habe. Nun haben die Ritter, jeder für sich, nachgesonnen, was dies wohl für ein Punkt sein könne, und so sind sie denn am ändern Morgen hinausgeritten, jeder auf die Kuppe eines Berges, wo er das Fräulein erwarten zu können glaubte. Jeder hat sich für einen ändern Punkt entschieden; diese waren der Heineberg bei Baumgartenbrück, der Krähenberg bei Caputh, der Telegrafenberg, der Ravensberg, der Babelsberg, der Klein-Glienicker Berg bei der Sandgrube, der Schäferberg bei Klein-Glienicke, der Pfingstberg, der Berg bei Sanssouci und der Panberg bei Bornim. Allein keiner von den zehn hatte den richtigen Ort getroffen, denn als die Jungfrau am tiefen Morgen aufwachte, war es schon zu spät geworden, um einen weiter entfernten Berg zu erreichen; sie setzte daher mit der Fähre über und eilte dem Brauhausberg zu, und siehe, wen traf sie auf dem Gipfel? Gerade denjenigen unter den elf Rittern, den ihr in der vergangenen Osternacht ein Traumbild als ihren Auserwählten gezeigt hatte, und dieser hatte wieder diesen nähern Punkt gewählt, weil er von hier aus die Fenster des Zimmers im Schloß, wo das Fräulein wohnte, sehen konnte. Natürlich hat dieser nun auch die Jungfrau heimgeführt.

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