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Die Fremden

Informationen

Literaturangabe:

Rochow, Eberhard von
Der Kinderfreund. Ein Lesebuch zum Gebrauch in Landschulen, Teil 1, Frankfurt am Main 1776 (Neudruck Potsdam 1995 [Quellen und Studien zur Berlin-Brandenburgischen Bildungsgeschichte, Bd. 1])

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Die Fremden

Die Fremden

Ein Mann und seine Frau, die aus ihrem Vaterlande durch böse Leute vertrieben waren, kamen im harten Winter in ein kleines Dorf. Sie stellten der Gemeine ihre Noth aufrichtig und beweglich vor, und baten um die Erlaubniß, bey ihnen zu wohnen. In diesem Dorfe waren gute gastfreye Leute; daher wurden die beyden Fremden liebreich aufgenommen. Man wies ihnen eine Stelle zur Wohnung an, und versorgte sie mit den nöthigsten Bedürfnissen.
Seht, Kinder, wie Gott diese Gastfreyheit belohnte. Diese Fremden lehrten aus Dankbarkeit die Leute im Dorfe viele neue und nützliche Dinge, und verschiedene Handgriffe, wodurch ihr Ackerbau besser von statten ging, als vorher. Sie machten sie mit Futterkräutern bekannt, so daß sie die Stallfütterung einführen konnten. Und auf diese Weise wurden die Leute im Dorfe sehr rasch wohlhabend.
Brich dem Hungrigen dein Brodt; und die im Elend sind, führe ins Haus. Es. 58, 7.
Gastfrey zu seyn vergesset nicht. Denn mancher ist um seiner guten Absicht willen dadurch sehr glücklich geworden. Ebr. 13, 2.

[Das Lehrstück stammt aus dem ersten deutschen Volksschullesebuch, das der Bildungsreformer Friedrich Eberhard von Rochow (1734 - 1805) unter dem Titel "Der Kinderfreund" 1776 (ein zweiter Teil erschien 1779) herausgegeben hat. Das Buch war in den Volksschulen bis 1871 in Gebrauch. Von Rochow richtete auf seinen Gütern in Reckahn, Göttin (heute zu Brandenburg/Havel), Krahne und Brückermark Musterschulen ein, die über Preußen hinaus Beachtung fanden. Die Forderung von Rochows nach einer staatlichen Volksschule war seinerzeit keineswegs unumstritten. 1788 kritisierte das "Leipziger Intelligenzblatt" die "Volksaufklärung" und äußerte die Befürchtung, die Bauern würden "bey einem offenen Kopfe, zu viel für ihren Stand und ihre Bildung" lernen.]

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