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Die fünfziger Jahre

Informationen

Literaturangabe:

Walther, Peter
Märkische Dichterlandschaft. Ein historischer Literaturführer durch die Mark Brandenburg, Stuttgart 1998

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Die fünfziger Jahre

Mit der Nachfolge Huchels als Chefredakteur von „Sinn und Form“ wurde der Schriftsteller Bodo Uhse (1904-1963) beauftragt, der diese Stellung nur widerstrebend übernahm. Uhse, der in Groß Glienicke nördlich von Potsdam lebte, ist durch seine Romane „Leutnant Bertram“ (1943) und „Wir Söhne“ (1948) bekanntgeworden. Beide Bücher kreisen um das autobiographisch motivierte Thema der Selbstfindung von Figuren, die sich aus den Verstrickungen militaristischer und nationalistischer Prägung befreien. Uhse stammt aus einer preußisch-schlesischen Offiziersfamilie, beteiligte sich 1920 auf Seiten der Putschisten am Kapp-Putsch, trat 1927 der NSDAP, drei Jahre später der KPD bei und nahm am spanischen Bürgerkrieg teil. Nach der Rückkehr aus dem mexikanischen Exil wurde er Chefredakteur der Literaturzeitschrift „Aufbau“. Die Leitung von „Sinn und Form“ hatte er nur kurz in der Hand, da er bereits wenige Monate nach Übernahme der Chefredaktion verstarb. Gleichfalls in Groß Glienicke lebten seit 1956 der Schriftsteller Friedrich Schlotterbeck (1909-1979) und seine Frau, die Dramatikerin und Hörspielautorin Anna Schlotterbeck (1902-1972). Friedrich Schlotterbeck war als Kommunist 1934 verhaftet und über zehn Jahre in verschiedene Konzentrationslager verschleppt worden; 1944 gelang ihm die Flucht in die Schweiz. Nach dem Krieg lebte Schlotterbeck zunächst in der amerikanischen Besatzungszone, siedelte jedoch 1948 in die SBZ über. 1953 wurde er hier gemeinsam mit seiner Frau wegen „staatsfeindlicher Betätigung“ für drei Jahre inhaftiert. Der Großteil seines schriftstellerischen Werks, so auch „Im Rosengarten von Sanscoussi“ (1968), eine polemische Abrechnung mit der preußischen Geschichte, ist erst in den kommenden Jahren entstanden.

Noch bevor überhaupt eine reguläre Nummer von „Sinn und Form“ erschien, hatte Huchel im Winter 1948 ein Heft mit Beiträgen von und über Bertolt Brecht (1898- 1956) zusammengestellt. Der Dramatiker war im selben Jahr über die Schweiz aus dem amerikanischen Exil zurückgekehrt. In Buckow in der Märkischen Schweiz hatten Helene Weigel und Brecht sich 1952 zwei benachbarte Häuser am Schermützelsee als Sommersitz ausbauen lassen. Hier entstanden 1953 unter dem Eindruck des Aufstands vom 17. Juni die „Buckower Elegien“, vom Dichter in einem Brief an seinen Verleger Suhrkamp „Buckowliche Elegien“ genannt. Eines der Gedichte, die er hier schrieb, heißt „Lebensmittel zum Zweck“ und handelt von der Völkerwanderung, die einsetzte, als die Amerikaner 1945 das von ihnen besetzte Sachsen und Thüringen für die Rote Armee freimachten. Über die Flüchtlinge heißt es: „Wenn das Kalb vernachlässigt ist/ Drängt es zu jeder schmeichelnden Hand, auch/ Der Hand seines Metzgers.“ Brecht selbst war sozialistischer Realist genug, um seine Rechte vorrangig durch einen Verlag im Westen wahrnehmen zu lassen und sich im Staate Ulbrichts mit einem österreichischen Paß abzusichern. In Buckow entstand auch Brechts berühmt gewordenes Gedicht „Die Lösung“, in dem er der Regierung den Rat gibt, das Volk aufzulösen und ein anderes zu wählen. Dieses Gedicht gehörte freilich nicht zur Auswahl aus den „Buckower Elegien“, die in „Sinn und Form“ erschienen ist, es wurde in der DDR überhaupt erst 1988 gedruckt, kurz vor Toresschluß.

Ein Schüler Brechts war der gebürtige Spremberger Erwin Strittmatter (1912-1994), der seit 1957 auf dem Schulzenhof in Dollgow im Norden Brandenburgs lebte. Von seiner frühen dramatischen Arbeit („Katzgraben“, 1953) hat er sich später distanziert. Bekannt geworden ist Strittmatter in erster Linie durch sein erzählerisches Werk, wobei es – wie bei kaum einem anderen bekannten Autoren – ein auffälliges Gefälle in der Rezeption zwischen Ort und West gab. In der ehemaligen DDR haben die drei Bände des „Wundertäter“ und die autobiographische „Laden“-Trilogie, Bücher, in denen der Alltag auf dem Lande in lebensnahen Geschichten geschildert wird, Strittmatter zu einem wahren Volksschriftsteller gemacht. Im Westen blieb der Autor dagegen beinahe unbekannt, wozu auch sein anfänglich unkritisches Engagement für den DDR-Staat beigetragen haben mag, das im Laufe der Jahre einer wachsenden Distanz zu den herrschenden Verhältnissen wich.

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