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Die von Uchtenhagen zu Freienwalde

Informationen

Literaturangabe:

Kuhn, Adalbert
Märkische Sagen und Märchen, Berlin 1843

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Die von Uchtenhagen zu Freienwalde

Die von Uchtenhagen zu Freienwalde

Auf dem Schloßberg und dessen Spitze waren vordem die Überbleibsel von einem viereckigen langen Gemäuer sichtbar, welches das Schloß des von Uchtenhagen gewesen sein soll, aus welchem er seine Räubereien verrichtet. Man sah an den Resten, daß auf beiden Seiten Zimmer, wiewohl etwas enge, in der Mitte aber ein Platz, vermutlich ohne Gebäude, gewesen. Das Gemäuer, bei welchem man hinaufgeht, war aus Feldsteinen und von ungefähr fünf Fuß Stärke. Jetzt sind von alldem nur dürftige Spuren, der Berg ist zu einem schönen Spaziergang umgeschaffen, allein das Andenken an den Uchtenhagen hat sich noch frisch und lebendig erhalten. Es war nämlich einmal ein recht fehdelustiger Ritter von Hagen, der lag im Kampf mit einem des Geschlechts von Jagow; nun hatte aber der Kurfürst im ganzen Land geboten, daß aller Streit rechtlich beigelegt werden solle, und gegen die Übertreter dieser Verordnung harte Strafen ausgesprochen. Als er erfuhr, daß der von Hagen der Anstifter dieses Streits sei, erklärte er ihn in die Acht und beraubte ihn aller seiner Habe. Nun irrte dieser unstet umher und ernährte sich von Räubereien, die er besonders in der Gegend von Freienwalde, wo er seine Höhle hatte, ausübte. Nicht lange nach dieser Zeit aber traf sich´s, daß der Kurfürst in einen Krieg verwickelt wurde, und zwar, wie einige sagen, mit den Herzögen von Mecklenburg; in diesem kam es auf dem sogenannten roten Feld, in der Gegend der Sonnenburger Heide, zu einer blutigen Schlacht, woher das Feld auch das rote genannt worden ist. Diese dauerte fast einen ganzen Tag, und schon wankten die Brandenburger, von dem überlegenen Feinde hart bedrängt, als plötzlich der von Hagen, in schwarzer Rüstung und mit herabgelassenem Visier, aus einem Dickicht mit seinem Häuflein treuer Knechte hervorbrach, den Feinden in den Rücken fiel und sie so in große Verwirrung brachte. Da bekamen die Brandenburger neuen Mut, drangen von neuem vor und nicht lange währte es, so warfen sie die Feinde vollständig über den Haufen. Als so die Schlacht glücklich beendet war, ließ der Kurfürst den schwarzen Ritter vor sich kommen, dankte ihm für seine Hilfe und fragte nach seinem Namen. Hagen weigerte sich jedoch, ihn zu nennen, indem er sagte, der tue nichts zur Sache. Darauf drang auch der Kurfürst, der wohl ahnen mochte, wer er sei, nicht weiter in ihn und sagte: " Damit du siehst, daß ich erkenntlich bin, so soll, was du mit deinem Rappen vom Aufgang bis zum Niedergang der Sonne umreiten kannst, dein sein, und weil du aus dem Haag uns zur Hilfe kamst, so sollst du forthin der Ritter von Ut dem Hagen sein!" Mit diesen Worten schlug er ihn darauf zum Ritter, und in der Folge ist der Name in Uchtenhagen umgestaltet worden. Am folgenden Morgen setzte sich der Ritter Uchtenhagen mit Sonnenaufgang auf dem Schloßberg bei Freienwalde zu Roß und ritt nun in Begleitung einiger Gefährten heran, ritt, da es Sommer war, durch die seichte Oder und kam durch das Niederbruch hindurch gegen Abend nach Neuenhagen, das etwa eine halbe Meile von Freienwalde entfernt liegt. Hier traf er auf dem Feld einen Schäfer an, den er fragte: "Schäfer, was ist´s an der Zeit?", worauf ihm dieser antwortete: "Nun, die Sonne geht zur Rüste!" Sogleich zog der Uchtenhagen sein Schwert, schlug dem Schäfer den Kopf ab und steckte neben dem Leichnam, mit Hilfe seiner Gefährten, einen großen Pfahl auf, zum Zeichen, daß er bis hierher auf seinem Ritt gekommen, und diesen Pfahl bewahrt man noch jetzt auf dem Amt Neuenhagen auf. Nun baute sich Uchtenhagen auf dem Freienwalder Schloßberg eine Burg, aus der eine Menge unterirdischer Gänge führte, damit, wenn er in großer Bedrängnis sei, er hier einen sicheren Ausweg habe, denn die Zahl seiner Feinde, die zuvor schon groß war, wurde durch die Gnade des Kurfürsten nur vermehrt. Als nun Uchtenhagen alt wurde, übernahm sein ältester Sohn die Verwaltung seiner Besitzungen, welcher als einziger ihm von mehreren Söhnen übriggeblieben war, allein auch dieser starb bald darauf und hinterließ nur einen einzigen Knaben. So waren nun der alte Uchtenhagen und sein Enkel allein von dem ganzen Geschlecht übrig, und seine Feinde suchten ihm auf mancherlei Weise beizukommen, aber sein Schloß war zu fest, da konnten sie ihm nichts anhaben, deshalb dangen sie dann einen feilen Knecht, der mußte beide vergiften. Der Alte fiel auch bald als ihr Opfer, und nun war der Knabe noch übrig, dem wurde eines Tages eine Birne gereicht, die war vergiftet. Er hatte einen Hund, den er sehr liebte und mit dem er all seine Speise teilte, dem warf er ein Stück der Birne zu, und das treue Tier starb mit ihm. Dieser Augenblick, wie der Knabe die Birne in der Hand hält und der Hund liebkosend an ihm heraufspringt, ist auf einem Gemälde dargestellt, das sich noch jetzt in der Freienwalder Kirche über dem Altar befindet; es trägt auch eine auf die Begebenheit bezügliche Inschrift, aus der man ersieht, daß der Knabe acht und ein halbes Jahr alt war, als er starb. Der alte Uchtenhagen aber und sein Enkel ruhen in der Gruft unter dem Altar der Freienwalder Kirche, wo man vor mehreren Jahren noch ihre bereits zu Staub zerfallenen Leichen in den Särgen gefunden hat.

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