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Ernst Raupach

Informationen

Literaturangabe:

Gutzkow, Karl
Berlin - Panorama einer Weltstadt, hrsg. von Wolfgang Rasch, Berlin 1995

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Ernst Raupach

Ernst Raupach

Raupach scheint jetzt Berlin gegenüber einen schweren Stand zu haben. Selbst seine Freunde fühlen sich in der Teilnahme, die sie ihm sonst zu schenken pflegten, erschöpft. Und doch find´ ich, daß seine neuern Sachen nicht schlechter sind, als die früheren, daß sie denselben Zuschnitt haben und dieselbe Kenntnis der Bühneneffekte verraten. Sollte vielleicht die sehr glückliche Stellung dieses Mannes beneidet werden? Raupach hat von der königl. Bühne einen jährlichen Gehalt von 600 Talern und bezieht für jeden Akt seiner Dramen außerdem noch 50 Taler. Seine Dramen müssen zwar nicht angenommen werden, aber sie werden es fast immer, jedenfalls wird jedes angenommene Stück außerordentlich begünstigt und kann auf schnellste Erledigung rechnen. Wie schöne Kräfte könnten nicht für die Bühne gewonnen werden, wenn man andern dramatischen Talenten nur einen Teil dieser Begünstigungen zuwendete! Denn nur aus einem intimen Anschließen an eine Bühne, die willfährig selbst schwächere Versuche darstellte, kann Lust und Kraft fürs Theater gezeitigt werden. Wird man seiner Fehler nicht ansichtig, so lernt man niemals, sie vermeiden. Daß Raupachs Stellung für die in der dramatischen Literatur aufkeimende Bewegung hemmend ist, liegt auf der Hand. Seine weitbauschigen Dramen werden an der hiesigen Bühne nach alten eingegangenen Verpflichtungen bevorzugt und jährlich nur vier solcher Dramen - und den andern ist die Hälfte der Theater-Abende und Memorial-Vormittage entzogen.

Eine Frage ist auch die: Was treibt Raupach, Dramen zu schreiben? Der Ehrgeiz, sich als Theater-Dichter zu bewähren? Nein, er ist dafür anerkannt. Eine innere Notwendigkeit, ein Drang des Nichtlassenkönnen? Das schon eher: Ich glaube sogar, daß Raupach nach dem Maß seiner Kräfte von seinen Stoffen begeistert ist. Nun wird man ihm doch gewiß noch zehn Jahre gönnen müssen: auf jedes Jahr vier Dramen: macht die Aussicht, aus seinem unverwüstlichen Schaffenstrieb noch 40 Dramen zu erhalten! Sollt´ es nicht da eine Grenze geben? Besäße Raupach die Vielseitigkeit eines Kotzebue, dann wäre die Aussicht minder abschreckend. Allein immer derselbe Stelzengang Schillerscher Geschichtsauffassung, immer dieselben den Schauspielern desselben Theaters auf den Leib zugeschnittenen Charaktere - man muß das Publikum bedauern, weil es bei aller Mannigfaltigkeit doch im Grunde nichts Neues sieht, und die Schauspieler, weil sie die Kraft ihres Gedächtnisses an das nur allzuleicht Vergängliche verschwenden...

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