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Jacobsen in Bernau

Informationen

Literaturangabe:

Stettenheim, Julius
Heitere Erinnerungen. Keine Biographie, Berlin 1896, S. 240-242

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Jacobsen in Bernau

Es begab sich gar nichts Merkwürdiges oder Lustiges bei Wippchens "Geburt", wie ich der Wahrheit gemäß berichten muß. Wippchen entstand, wie jeder andere Zeitungsartikel dieser oder ähnlicher Art, bei welchem Form und Inhalt erst beim Schreiben auf´s Papier fließen. Der Journalist arbeitet nicht nach vorher entworfenen Plänen. Wie der Appetit mit dem Essen, so kommt der Inhalt mit dem Schreiben. Ich weiß nicht einmal, wie ich denn eigentlich auf die Namen Wippchen und Bernau kam. Wahrscheinlich ging mir ein Lied "Mach´ mir keine Wippchen vor", das ich in meiner Jugendzeit gehört hatte, durch den Kopf, und ich versetzte Wippchen nach Bernau, weil mir dies Hussitenstädtchen durch einige Besuche, die ich meinem alten dort wohnenden Freunde, dem Chemiker und Schriftsteller Emil Jacobsen, abgestattet hatte, der durch sehr lustige Lieder und dramatische Scherze, die besonders an den Festabenden des "Vereins Berliner Künstler" mit großem Vergnügen vorgetragen wurden, bestens bekannt geworden ist. Ich erinnere mich, daß Jacobsen eines Tages zu einer höchst interessanten Ausgrabung eingeladen hatte. Es handelte sich natürlich um eine scherzhafte Persiflage dieser damals besonders stark grassirenden Unternehmungen übereifriger Archäologen: Es sollte ein leibhaftiger Hussit an´s Licht gefördert werden. Ein auf das Tollste gefaßter Kreis, in welchem sich auch der am selben Tage nach Berlin gekommene Julius Stinde befand, umstand einen verdächtig neu aussehenden Hügel, der bald das erwartete "Tollste" enthalten sollte. Denn nach einigen kräftigen Spatenstichen ward eine Tonne sichtbar, aus der uns ein völlig gerüsteter Hussit entgegenkroch und uns einen guten Tag wünschte. Dieses Scherzes und anderer gedenkend, wählte ich Bernau zum Wohnsitz für Wippchen.

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