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Schloß Grunewald

Informationen

Literaturangabe:

Schwartz, Wilhelm
Sagen und alte Geschichten der Mark Brandenburg, Stuttgart, Berlin 1871

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Schloß Grunewald

Schloß Grunewald

Im Grunewald ist manche Stelle, wo es nicht ganz richtig sein soll; vor allem aber spukt es im Grunewalder Schloß. Waren einmal ein paar Fischer zur Herbstzeit im Schloß und hatten sich, nachdem sie bis spät am Abend gefischt, müde in dem Seitengebäude in einem eine Treppe hoch gelegenen Zimmer zum Schlafen hingelegt. Sorgfältig hatten sie die zwei Türen, sowohl die unten an der Treppe als auch die andere, welche oben vom Treppenflur in das Zimmer führt, zugemacht. Auch die dritte Tür, die nach der angrenzenden Kammer geht, war fest zu, wie sie denn auch keiner ohne die zugehörige Klinke überhaupt öffnen kann.

Als sie nun im tiefen Schlaf lagen, kam es laut und vernehmlich "trott, trott, trott" die hölzerne Treppe herauf, die Stubentür flog auf, und sausend stürzte es durch die Stube. Die Kammertür öffnete sich, und heulend wie ein Sturmwind zog´s in die Kammer hinein. Dann war´s still im Zimmer. Da mit einemmal fuhr es aus dem Schlot und polterte den Ofen hinab. Wieder war dann alles still. Die Männer aber waren gleich anfangs aufgewacht und zitterten und bebten vor Entsetzen, eiskalt fuhr es ihnen durch Mark und Bein, es wagte keiner aufzusehen, sondern alle zogen sich ihre Mäntel übers Gesicht, als es bei ihnen vorbeiging. Als aber das Tosen und Poltern im Ofen vorbei war, fuhren sie auf und im Nu, sie wußten selbst nicht wie, waren sie die Treppe hinunter und stürzten über den Hof in die Kutscherstube; erst da wagten sie aufzuatmen.

Ein anderes Mal passierte ähnliches, als sie in der Kutscherstube selbst schliefen. Da öffnete sich plötzlich die Pferdestalltür, und der Kutscher kam zitternd zu ihnen in die Stube. Hinter ihm raste es wie ein Wirbelwind, riß die Flurtür auf und fuhr durch den schmalen Flur nach dem Hof hinaus. Wie sie da ans Fenster eilten, sahen sie mit Schrecken, wie es im Mondschein wild auf dem Hof und an den Wänden der Gemäuer herumjuchte und tobte wie die wilde Jagd und ganz deutlich eine weiße Gestalt da herumstürmte. Derartiges wollen die Leute, die dort verkehren, öfters erlebt haben.

Namentlich soll aber der alte Kellermeister (der auch auf dem Bild am Eingang abgebildet ist) des Nachts um zwölf Uhr noch oft die große Wendeltreppe des Schlosses herabkommen und mit den Schlüsseln klappern. Auch fangen manchmal die alten großen Bratspieße unten in der gewölbten Küche an, sich von selbst zu drehen. Das Leben, das hier früher gewesen zu der alten Kurfürsten Zeiten, erklärte dabei der Erzähler, ist noch nicht vollständig zur Ruhe gekommen, und damals ist auch manches passiert, was jetzt nicht mehr vorkommt. So soll in einem Zimmer des südlichen Flügels einmal jemand eingemauert worden sein. Einige meinen, es sei die schöne Gießerin Anna Sydow gewesen, welche Kurfürst Joachim liebgehabt und deren Geist nun noch spuke; andere behaupten, es sei eine Hofdame, welche er geliebt und die seine Gemahlin während seiner Abwesenheit lebendig da hat einmauern lassen. Wunderlich sieht die Stelle allerdings aus, zumal eine kleine Wendeltreppe im oberen Stock sich gerade an sie anschließt und früher von dort auch nach unten geführt zu haben scheint; wer weiß aber, ob da überhaupt etwas eingemauert war und die Treppe nicht einfach abgebrochen und die Stelle zugemauert wurde?

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