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Volksbuch, geistliches und weltliches Spiel

Informationen

Literaturangabe:

Walther, Peter
Märkische Dichterlandschaft. Ein historischer Literaturführer durch die Mark Brandenburg, Stuttgart 1998

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Volksbuch, geistliches und weltliches Spiel

Volksbuch, geistliches und weltliches Spiel

Viel eher als die gelehrte Versdichtung in lateinischer Sprache haben die geistlichen und weltlichen Spiele sowie die Volksbücher den Weg zu einem breiteren Publikum gefunden. Die volkstümlich-didaktischen Inhalte mit satirischem oder religiös-politischem Akzent und der zunehmende Gebrauch der Volkssprache haben diese Entwicklung wechselseitig begünstigt. Zu den bekanntesten deutschen Volksbüchern gehört das Schildbürgerbuch, eine Bearbeitung des „Lalebuchs“. Sie stammt vermutlich von Johann Friedrich von Schönberg (1543 – 1614), der seit 1613 bis zu seinem Tod in Falkenberg/Ester lebte. Die Stadt, in der heute mit einer „Von-Schönberg-Gasse“ und einer Gedenktafel an den Dichter und Juristen erinnert wird, gehört heute zum Land Brandenburg, lag damals jedoch auf kursächsischem Gebiet.

Bartholomäus Ringwaldt (1532 - 1599), der aus Frankfurt (Oder) stammt und später als Pfarrer in Lengfeld in der Neumark wirkte, hat in seinen Werken als einer der ersten Gebrauch vom Dialekt und von sprichwörtlichen Wendungen gemacht. Sein bekanntestes Stück ist der „Speculum mundi“ (1590), eine Komödie, „nuetzlich zu lesen/ und im agiren beweglich“, wie es im Titel heißt. Ein Zeitgenosse Ringwaldts war der gebürtige Bernauer Georg Rollenhagen (1542 - 1609), der nach dem Besuch der Lateinschule in Bernau und der Universität in Wittenberg zunächst Rektor in Halberstadt und später Prediger und Prorektor in Magdeburg war. Rollenhagen schrieb seine Stücke zumeist auf der Grundlage älterer Vorlagen, so auch den „Froschmäuseler“ (1571), ein politisch-satirisches Epos von 20 000 Verse, dem ein antik-griechischer Text und der „Reinke de Vos“ von 1498 zugrunde liegen. Im besten Willen nimmt Froschkönig Bausback den Mäuseprinzen Bröseldieb auf seinen Rücken und schwimmt mit ihm durch einen Fluß, um ihm sein Reich zu zeigen. Beim Abtauchen vor einer Schlange ertrinkt der Mäuseprinz, und es kommt zum Krieg zwischen Fröschen und Mäusen, bei dem letztere unterliegen. Rollenhagen beschreibt das Tierreich im Sinne einer allegorischen Weltdeutung und bezieht das aktuelle Zeitgeschehen vom Standpunkt des Lutheraners mit in die Handlung ein.

Zu den bedeutendsten satirisch-didaktischen Dichtern des Späthumanismus zählt der gebürtige Sperenberger und spätere Trebbiner Stadtschreiber Bartholomäus Krüger (ca. 1540 - nach 1597), von dem zwei Dramen und das Schwankbuch mit „Hans Clawerts wercklichen Historien“ überliefert sind. Den ganzen Lauf der menschlichen Geschichte vom Sündenfall bis zum Jüngsten Gericht umfaßt Krügers geistliches Spiel „Eine schöne und lustige newe Action Von dem Anfang und Ende der Welt“. Im weltlichen Spiel „Wie die Pewrischen (bäurischen) Richter, einen Landsknecht unschuldig hinrichten lassen, Und wie es ihnen so schrecklich hernach ergangen“ malt der Dichter die Anekdote eines bayerischen Zeitgenossen aus: Ein Landskecht wird von vier Bauernrichtern, die es auf dessen Geld abgesehen haben, zum Tode verurteilt. Die Strafe für die beuteseligen Justizmörder folgt auf dem Fuße: einer der Bauern kommt durch den Blitz um, ein anderer stirbt beim Gelage, ein dritter wird gehängt, und den letzten ereilt der Tod durch Fieber. Dabei geht es allzeit handfest und volkstümlich zu. Der gleiche Sinn für das realistische Detail zeichnet das Volksbuch aus, in dem Krüger 35 Episoden aus dem Leben seines Trebbiner Mitbürgers Hans Clauert (ca. 1506-1560) nacherzählt. Clauert treibt sich als Schlosser, Kriegsknecht, Ackerbürger und Viehhändler in der Welt herum und führt nicht nur das gemeine Volk, sondern gleich auch den brandenburgischen Kurfürsten an der Nase herum. Mit seiner Nacherzählung der Geschichten des Hans Clauert, die auch in der mündlichen Überlieferung weiterlebten, schuf Krüger die Figur eines märkischen Eulenspiegel.

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