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Wie Clauert beim Kurfürsten zu Brandenburg von seinem Weibe verklagt ward

Informationen

Literaturangabe:

Krüger, Bartholomäus
Hans Clauert, der märkische Eulenspiegel. Nach dem Volksbuch des Bartholomäus Krüger bearbeitet von Karl Pannier, Leipzig 1900

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Wie Clauert beim Kurfürsten zu Brandenburg von seinem Weibe verklagt ward

Wie Clauert beim Kurfürsten zu Brandenburg von seinem Weibe verklagt ward und wie er den kurfürstlichen Befehl in die Spree warf.

Hans Clauerts Weib predigte ihm täglich so viel von dem verspielten Gelde, daß er ihr oftmals mit einem Prügel zu folgen verursacht war. Das vermeinte sie besser zu machen und verklagte ihren Mann bei ihrem Herrn, dem Kurfürsten von Brandenburg. Dieser hatte voher den Clauert viel gehört, weshalb ihm solche Klage angenehm war; und er ließ Clauert auf einen bestimmten Tag vor sich bescheiden, der gehorsam an dem bestimmten Tage erschien und nach Verhör der Sache vom Kurfürsten an Eustachium von Schlieben, der dazumal Hauptmann von Trebbin und Zossen war, einen Befehl bekam, daß der von Schlieben Clauerten wegen des verspielten Geldes bis zu des Fürsten Ankunft sollte gefänglich verwahren lassen, denn der Kurfürst war willens, wenige Tage hernach ein Nachtlager zu Trebbin zu halten. Daneben befahl der Kurfürst, daß Clauert den Brief ja eilends dem von Schlieben bringen sollte.
Clauert vermerkte aus etlichen Umständen wohl, daß der Befehl ihm nicht zuträglich sein würde, weshalb er den Brief aufbrach und einem Knaben drei Pfennige gab, der ihm denselben las. Und als er den Inhalt vernommen, warf er den Brief in die Spree und ließ ihn schwimmen, ging hin in den Bernauischen Keller und verharrte noch drei Tage daselbst.
Den fünften Tag hernach kam der Kurfürst gen Trebbin und fragte Eustachium von Schlieben, wie es um Clauert stände, ob er ihn noch gefangen hielte oder ihn freigelassen hätte. Der von Schlieben gab dem Kurfürsten zur Antwort, daß ihn von Clauerts Gefängnis nichts bewußt wäre. Der Kurfürst fragte weiter, ob ihm Clauert nicht einen Befehl gebracht hätte, wovon Schlieben noch viel weniger wußte. Der Kurfürst schickte nach Clauerten, stellte sich sehr zornig und sagte: ?Wo hast du den Brief gelassen, den wir dir gegeben haben.? Clauert antwortete: ?Hoho, gnädigster Herr, ist der Brief noch nicht hier?? Der Kurfürst sagte: ?Wie soll er hier ein, wenn du ihn nicht hast hergebracht,? und fragte noch einmal, wo er denselben gelassen hätte. Clauert sagte: ?Gnädiger Kurfürst und Herr, Ew. Kurfürstliche Gnaden haben mir befohlen, daß ich den Brief ja eilends her gen Trebbin sollte bringen. Nun hatte ich zu Berlin noch viel auszurichten, so daß ich in zween Tagen noch nicht von dannen kommen konnte, darum warf ich den Brief in die Spree, daß er vorausschwimmen und desto zeitiger ankommen möchte, und es wundert mich nicht wenig, daß er über Erwarten so lange ist ausgeblieben.?
Der Hochlöbliche Kurfürst, ob er schon Ernst wider Clauert zu gebrauchen willens war, vermochte doch vor Lachen nichts vorzunehmen, sondern ließ Clauerten mit seiner Sache hinfahren. Und von dem Tage an ward Clauert beim Kurfürsten also bekannt, daß er zu ihm kommen konnte, wann er wollte.

Moral.
Merk?: wenn ein Topf ist zugedeckt,
Weiß niemand, was darinnen steckt;
Doch kann den Inhalt merken man
Am Duft, wenn er wird aufgethan.
So ward der Kurfürst auch gewahr,
Daß Clauert solcher Stockfisch war,
Indem er diesen Brief wegwarf,
Worin ihm keiner folgen darf.
Denn was bei andern schlecht steht an,
das ist von Narren wohlgethan.

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