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Winterlied

Informationen

Literaturangabe:

Hagen, Friedrich Heinrich von der
Minnesinger, Leipzig 1838

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Winterlied

Otto IV. mit dem Pfeile

Winterlied
1
Winter dine trüben stunde.
Und din kelte manigvalt.
Ob ich das erwenden kunde.
do siu wurden bas gestalt.
Das liesse ich dur die lange naht.
und durh die vil minneklichen
diu mir fröiden vil hat braht.
2.
Ich sach die vil minnekliche:
vor mir stan in richer wat.
zehant do wart ich fröiden riche.
davon min müt vil hohe stat.
mich gruoste ir minneklicher munt.
der duhte mich in solher röte
sam ein fürig flamme enzunt.
3.
Hey herre got durh dine güte.
ruoche der minnekliche pflegen.
Mit steten trüwen sie behüte.
und sende ir dinen süssen segen.
do hat sie verschuldet gar.
wol gegen al der werlte gemeine
ey herre got nu nim ir war.
4.
Uns kumt aber ein liehter meie.
der machet manig herze fruot.
er bringt bluomen mangerleye.
wer gesach ie süsser bluot.
vogelin döne sind manigvalt.
wol geloubet stet der walt.
des wirt vil trurig herze halt.
5.
Ich will nah ir hulde ringen.
alle mine lebenden tage
sol mir niht an ir gelingen.
seht so stirbe ich sender klage.
si entröste mich zestunt.
ir durlühtig roter munt
hat mich uf den tot verwunt.


1.
Winter, deine trüben Stunden,
deine Kälte mannigfalt,
hätt? den Zauber ich gefunden,
daß sie würden schön gestalt?t.
Ich ließ es um die lange Nach
und um die viel Minnigliche,
die mir Freuden viel gebracht.
2.
Als ich sie in reichem Kleide
lieblich vor mir stehen sah,
ward ich frei von allem Leide,
da mir solches Glück geschah.
Ihr Mund, der seinen Gruß mir bot,
deuchte mich von solcher Röte
wie ein Feuer, das da loht.
3.
Ach, Herr Gott, in deiner Güte
pflege dieser holden Frau
und in Treuen sie behüte,
send? ihr deines Segens Tau!
Solches hat sie doch fürwahr
um die ganze Welt verdient:
Gott und Herr, nimm ihrer wahr!
4.
O, wieder will der Mai entspringen,
der macht fröhlich manch Gemüt.
Bunte Blumen will er bringen,
wie sie holder nie erblüht.
Vogelsang tönt mannigfalt,
wohl belaubet steht der Wald,
des wird sehr traurig mein Herze bald.
5.
Ich will nach ihrer Liebe ringen
alle meine Lebenstage.
Wird mir´s aber nicht gelingen,
seht, so sterb? ich sonder Klage,
tröstet sie mich nicht zur Stund?.
Ihr durchleuchtig roter Mund,
davon lieg? ich todeswund.

[Markgraf Otto IV. von Brandenburg regierte das Land nach dem Tod seines Onkels (1267) zunächst gemeinsam mit seinen Brüdern und Vettern, nahm unter ihnen aber schon bald die führende Rolle ein. Seinen Beinamen "mit dem Pfeile" erhielt er, nachdem er 1278 bei der Belagerung von Staßfurt durch einen Pfeil verwundet wurde, der sich lange Zeit nicht aus seinem Haupt entfernen ließ. Otto hat nicht nur selbst gedichtet, sondern ist auch von anderen Dichtern wie Konrad von Würzburg, dem Meißner und Regenbogen besungen worden. Überliefert sind die Verse Otto in der Großen Heidelberger Liederhandschrift.]

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