Wir haben Kurator*innen gebeten, wichtige Orte der jeweiligen Szenen zusammenzustellen und so kann man sich auf verschiedenen Sprachlinien durch die Stadt bewegen. 

Asiatische Szene

Zusammengestellt von Lea Schneider
  • 1. Online-Magazin sinonerds
  • 2. Japanische Buchhandlung Yamashina
  • 3. Koreanisches Kulturzentrum
  • 4. Edition Vipen
  • 5. Rumah Budaya Indonesia
  • 6. Kapsel
  • 7. Mori-Ôgai-Gedenkstätte
  • 8. Studio Wu
  • 9. regiospectra Verlag
  • 10. Konfuzius-Institut an der Freien Universität Berlin
  • 11. Japanisch-Deutsches Zentrum
  • 12. Taiwan Kultursaal
  • 13. Doooogs
  • 14. Chinesisches Kulturzentrum
  • 15. Stadtsprachen & Parataxe
  • 16. Migrant Birds Art Space
  • 17. Chinaladen
< >

Lea Schneider

Lea Schneider schreibt Lyrik, Essays und Übersetzungen, aber in den meisten Fällen sind ihre Texte diese drei Dinge gleichzeitig. Sie lebt in Berlin, wo sie seit 2009  als Teil des Lyrikkollektivs G13 aktiv ist, mit dem sie an Gedicht-Performances und Formaten des gemeinsamen Schreibens arbeitet.
Lea Schneider studierte Komparatistik, Sinologie und Soziologie in Berlin, Shanghai, Taipei und Frankfurt/Oder. 2014 erschien ihr Debütband „Invasion rückwärts“ im Verlagshaus Berlin und wurde u.a. mit dem Dresdner Lyrikpreis ausgezeichnet. 2016 folgte das E-Book „O0“ (in Kooperation mit Tillmann Severin und Sebastian Severin) sowie ihre Übersetzungen des chinesischen Dichters Yan Jun („internationaler tag der reparatur“, hochroth berlin) und die Anthologie „CHINABOX. Neue Lyrik aus der Volksrepublik“ (Verlagshaus Berlin), die sie als Übersetzerin und Herausgeberin betreut hat. „CHINABOX“ wurde als Lyrikempfehlung des Jahres 2017 von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung ausgezeichnet.
Lea Schneider war u.a. Stipendiatin im Künstlerhaus Edenkoben und des Deutschen Übersetzerfonds sowie Writer-in-Residence am Goethe-Institut Nanjing (China). Als Übersetzerin und Kuratorin chinesischer Gegenwartslyrik war sie für das poesiefestival berlin, lyrikline.org und die Bundeskulturstiftung tätig.
Aktuell übersetzt sie Gedichte der Lyriker*innen Xi Chuan, Yu Xiuhua, Zheng Xiaoqiong und Zang Di, schreibt Essays über die chinesische Gegenwart und arbeitet an ihrem nächsten Gedichtband, der im Frühjahr 2020 beim Verlagshaus Berlin erscheint.

Vorwort

Über den Tanzball des Vereins Chinesischer Studenten im Hotel Adlon schreibt das Berliner Tageblatt vom 5.6.1928, dass er „eines der wichtigsten gesellschaftlichen Ereignisse, gleich nach dem Film- und Presseball“ gewesen sei. Die eleganten jungen Herren aus China, „vorwiegend Hornbrillentypen mit fein zurückgekämmtem Haar“, treffe man auch beim Flanieren entlang der Kantstraße in Charlottenburg häufig, zumeist, wie beim Ball, in europäischer Begleitung, „wobei man ihnen einen guten Geschmack zugestehen“ müsse.

Das inflationsgeplagte Berlin der 20er und 30er Jahre war der europäische Anlaufpunkt für Künstler*innen, Schriftsteller*innen, Intellektuelle und Student*innen aus China, die ihre Zeit in Europa „billig und amüsant außerhalb der Hörsäle“ verbringen wollten und sich die Mieten in Paris oder London nicht leisten konnten. Cai Yuanpei, der erste Bildungsminister der Republik China und spätere Rektor der Peking-Universität, Zhou Enlai, späterer Ministerpräsident der Volksrepublik China, Xu Beihong, Lin Fengmian und Lin Wenzheng, einige der wichtigsten chinesischen Maler des 20. Jahrhunderts, die Dichter Li Jinfa und Xu Zhimo, die als Mitbegründer der modernen chinesischen Literatur gelten, die Schriftstellerin und Aktivistin Hu Lanqi, eine gute Freundin von Anna Seghers, die bei zahlreichen antifaschistischen Kundgebungen sprach, 1933 gemeinsam mit Fritz Zintzen, einem Drucker der „Roten Fahne“, verhaftet wurde und später ein Buch über ihre Haftmonate in einem deutschen Frauengefängnis schrieb, auf dessen Cover ein riesiges Hakenkreuz dräute – sie alle waren Teil der asiatischen Kulturszene Berlins, ebenso wie die mehreren hundert japanischen Student*innen, über die die Wiener Neueste Nachrichten vom 21.6.1935 zu berichten wussten: „Man sieht sie in allen Lokalen, sie essen vergnügt Schweinebauch und Mohrrüben oder Königsberger Klops und trinken ihre Molle Helles, als ob sie echte Spree-Athener wären.“

Die Morde, Inhaftierungen und Zwangsausweisungen des Nationalsozialismus, die Abschottungspolitik des Kalten Kriegs, die internationale Marginalität des geteilten Berlins, die widerliche Abschiebungspolitik der 90er Jahre, die die vietnamesischen Vertragsarbeiter*innen aus der DDR besonders schlimm traf, und der nach wie vor eklatante Mangel an Übersetzungen aus asiatischen Literaturen ins Deutsche haben alle auf ihre Art dazu beigetragen, dass es heute in Berlin keine ähnlich sichtbaren asiatischen Literaturszenen mehr gibt. Und dennoch: Vom vietnamesischen Verlag Edition Vipen in Lichtenberg über das Koreanische Kulturzentrum am Potsdamer Platz und den japanischen Buchladen Yamashina in Charlottenburg bis zur Kapsel, einem neuen Magazin für chinesische Science Fiction, das in Mitte produziert und herausgegeben wird, findet sich in fast jedem Stadtteil Berlins ein Anlaufpunkt für Literatur in den Sprachen Ost- und Südostasiens.


Ein sehr herzlicher Dank an Fang Xiaoba, Martin Jankowski, Arseny Knaifel, Simone Kornappel und Yimeng Wu für ihre Hilfe bei der Zusammenstellung!

Sinonerds gemeinnützige UG

Edinburger Str. 61
13349 Berlin

Webseite

1. Online-Magazin sinonerds

Sinonerds ist ein junges Online-Magazin für Sprache, Gesellschaft, (Pop)-Kultur, Kunst, Literatur und Politik in der chinesischsprachigen Welt. Die Macher*innen sitzen in Berlin, aber auch in China, Taiwan, Hongkong und haben ihre Seite in den letzten Jahren zu einem der spannendsten Anlaufpunkte für diejenigen gemacht, die wissen wollen, was in der chinesischen Gegenwart und ihren Subkulturen gerade wirklich los ist. Neben tollen Long Reads über all things Chinese ist das Magazin auch eine gute Quelle für aktuelle Kulturveranstaltungen mit China-Bezug in Berlin, von Berlinale-Tipps über Ausstellungsberichte bis zu Buchrezensionen.

Japanische Buchhandlung Yamashina

Pestalozzistraße 67
10627 Berlin

2. Japanische Buchhandlung Yamashina

Die japanische Buchhandlung Yamashina ist ein wahres Kleinod: Seit fast 40 Jahren kann man hier japanische Literatur im Original und in deutscher Übersetzung kaufen, von modernen Klassikern wie Kenzaburō Ōe über zeitgenössische Literatur und Sachbücher bis zu Mangas und Zeitschriften. Alle japanischen Bücher, die es in der bis unter die Decke vollgestopften Buchhandlung nicht gibt, können innerhalb von 3 Wochen aus Japan bestellt werden.

Koreanisches Kulturzentrum
Kulturabteilung der Botschaft der Republik Korea

Leipziger Platz 3
10117 Berlin

Webseite

3. Koreanisches Kulturzentrum

Das Koreanische Kulturzentrum Berlin bietet in seinen Räumlichkeiten nicht nur Sprachkurse und eine umfangreiche Bibliothek mit koreanischer Literatur, sondern mit der gallery damdam auch einen Ausstellungsraum für zeitgenössische Kunst sowie einen Kino- und Veranstaltungsraum. Jedes Jahr im November findet das JazzKorea Festival statt, es werden regelmäßig Lesungen und Podiumsdiskussionen mit koreanischen Autor*innen organisiert und in monatlichen Lesekreis-Treffen werden Texte koreanischer Autor*innen in deutscher Übersetzung gemeinsam gelesen und diskutiert. Außerdem gibt das Kulturzentrum das sehr lesenswerte Magazin Kultur Korea heraus, das eine eigene Literatursparte unterhält.

Buchverlag Vu The Dung - Edition VIPEN

Lütztalweg 35
12681 Berlin

Webseite

4. Edition Vipen

Seit 2010 erscheinen in der Edition Vipen Bücher mit Vietnam-Bezug: Originale und Übersetzungen, Prosa, Lyrik, Drama und Sachbücher zu Zeit- und Kulturgeschichte. Der Verlag adressiert hauptsächlich ein vietnamesisches Publikum, zeichnet sich aber auch durch seine Mehrsprachigkeit aus: Hier erscheinen Bücher auf Vietnamesisch, Deutsch, Englisch und Französisch, und immer wieder spannende Publikationen, die auf die komplexe Geschichte von Vietnames*innen in Deutschland aufmerksam machen. Im Berliner Literaturhaus in der Fasanenstraße richtet die Edition Vipen neben ihrer verlegerischen Tätigkeit regelmäßig ein vietnamesisches Literaturfestival aus.

Haus der Indonesischen Kulturen Rumah Budaya Berlin

Theodor Francke-Str. 11
12099 Berlin

Webseite

5. Rumah Budaya Indonesia

Das von der Kulturabteilung der indonesischen Botschaft unterhaltene Haus der Indonesischen Kulturen Rumah Budaya Berlin veranstaltet neben Sprach- und anderen Bildungskursen und Kulturveranstaltungen zahlreiche literarische Sonntagsmatineen, sowie unter dem Titel „Temu Sastra“ eine regelmäßige Lese- und Gesprächsreihe mit indonesischen Autor*innen, zuletzt zum Beispiel mit dem Lyriker Taufiq Ismail.

 

Kapsel
Acud Macht Neu

Veteranenstraße 21
10119 Berlin

Webseite

6. Kapsel

Dass chinesische Science Fiction momentan einen gewaltigen Boom erlebt, dürfte spätestens klar geworden sein, als Hao Jingfang 2016 für ihre Novelle „Folding Beijing“ in den USA mit dem Hugo-Award ausgezeichnet wurde und Liu Cixins „Three Body“-Trilogie sich zeitgleich zum internationalen Bestseller entwickelte. Es ist nicht zuletzt die Möglichkeit, in einer klar als Genre markierten Literatur gesellschaftskritische Themen zu verhandeln, die Science Fiction in China so populär gemacht hat. Lukas Dubro, einer der Gestalter des ACUD MACHT NEU-Künstler*innenkollektivs, gibt seit 2017 das wunderschön gestaltete, zweisprachige Kapsel-Magazin für aktuelle Science Fiction aus China heraus. Jede Ausgabe enthält eine neu übersetzte Kurzgeschichte, begleitet von Illustrationen, Interviews, Essays und Reflektionen. Die Launch-Veranstaltungen im ACUD-Kunsthaus in Mitte sind opulente Minifestivals, die das Magazin mit mehrsprachigen Lesungen, Visuals, Soundtracks, wissenschaftlichen und künstlerischen Lectures zu einer rauschenden Party erweitern.

Mori-Ôgai-Gedenkstätte

Luisenstraße 39
10117 Berlin

 


Webseite

7. Mori-Ôgai-Gedenkstätte

Mehr als 2000 Japaner*innen studierten zwischen 1868 und 1912 in Deutschland, die meisten von ihnen in Berlin. Dazu gehörte auch der Hygieniker und Schriftsteller Mori Ôgai, der heute als Mitbegründer der modernen japanischen Literatur gilt und zahlreiche deutsche Klassiker ins Japanische übersetzt hat. Die Gedenkstätte an der Humboldt-Universität beinhaltet ein kleines Museum mit einer zweisprachigen Ausstellung zum japanisch-deutschen Literaturkontakt sowie eine Präsenzbibliothek mit Archivmaterialien und veranstaltet in unregelmäßigen Abständen Lesungen und Podiumsdiskussionen mit japanischen Autor*innen und ihren Übersetzer*innen.

STUDIO WU 無

R11
Rudolfstr. 11
10245 Berlin

Webseite

8. Studio Wu

Das interkulturelle Designstudio von Yimeng Wu ist ein Ort, an dem großartige deutsch-chinesische Projekte und Bücher entstehen, zuletzt z.B. das Kinderbuch „Yaotaos Zeichen“, das die Geschichte chinesischer Student*innen im Frankreich der 20er und 30er Jahre erzählt. Neben ihrer Arbeit als Designerin und Autorin gibt Yimeng Wu auch Workshops und Lectures und arbeitet an Projekten wie dem chinesisch-deutschen Urban Farming Incubator in Mitte mit.

regiospectra Verlag

Straßmannstraße 10
10249 Berlin

Webseite

9. regiospectra Verlag

Der regiospectra Verlag gibt südostasiatische Literatur und disziplinenübergreifende Fachbücher zur Region heraus und veranstaltet Lesungen und Übersetzungsworkshops. Hier erscheinen mehrsprachige wissenschaftliche Publikationen, Sachbücher zu soziokulturellen Themen, Lyrikanthologien, Romanübersetzungen und einflussreiche Essays südostasiatischer Denker*innen.

 

Konfuzius-Institut an der Freien Universität Berlin

Goßlerstr. 2-4
14195 Berlin

Webseite

10. Konfuzius-Institut an der Freien Universität Berlin

Das chinesische Äquivalent zu den Goethe-Instituten hat seinen Fokus auf einem breiten Angebot an Sprachkursen, bietet aber auch eine Bibliothek mit fast 4000 Medien und ein abwechslungsreiches Veranstaltungsprogramm mit Filmvorführungen, Lesungen, Ausstellungen und Workshops.

 

Japanisch-Deutsches Zentrum Berlin

Saargemünder Str. 2
14195 Berlin

Webseite

11. Japanisch-Deutsches Zentrum

Das Japanisch-Deutsche Zentrum Berlin in Dahlem bietet nicht nur eine umfangreiche Bibliothek mit japanischer Literatur und Sachbüchern, sondern organisiert auch im Rahmen seines Kulturprogramms regelmäßig Lesungen mit japanischen Autor*innen.

Taiwan Kultursaal

Markgrafenstraße 35
10117 Berlin

Webseite

12. Taiwan Kultursaal

Die Kulturabteilung der taiwanesischen Botschaft hat 2018 den Taiwan Kultursaal eingerichtet, in dem regelmäßig Konzerte und Lesungen stattfinden. Noch ist das Programm eher dünn, aber es wird höchste Zeit, dass die umtriebige und international sehr gut vernetzte taiwanesische Literaturszene endlich auch in Berlin präsenter wird – und dazu wird der Taiwan Kultursaal hoffentlich einiges beitragen.

13. Doooogs

Doooogs ist ein deutsch-chinesisches Online-Magazin, das sich den Schwesterstädten Berlin und Beijing verschrieben hat. Der Fokus liegt auf Design, Kunst und lokalen Ausgehtipps, aber die Macher*innen veranstalten auch regelmäßig Art Book-Events und -Messen in Berlin und betreiben einen tollen Online-Shop für Künstlerbücher und Magazine aus China, die in Deutschland kaum anderswo zu bekommen sind.

Chinesisches Kulturzentrum Berlin

Klingelhöferstraße 21
10785 Berlin

Webseite

14. Chinesisches Kulturzentrum

Das Chinesische Kulturzentrum Berlin wird wie das Konfuzius-Institut vom chinesischen Bildungsministerium unterhalten und bietet eine Vielzahl an Sprachkursen und ein bunt gemischtes Veranstaltungsprogramm mit Lesungen, Ausstellungen, Workshops und Filmscreenings. Das besondere Highlight des Kulturzentrums ist aber seine Bibliothek, die täglich von 14-17 Uhr geöffnet ist und einen enormen Bestand an klassischer und moderner Literatur aus China, E-Books, Zeitschriften und Magazine vorhält, die sonst in Deutschland nur schwer zu bekommen sind.

Stadtsprachen – Magazin der internationalen Berliner Literaturen

c/o Berliner Literarische Aktion
Kastanienallee 2
10435 Berlin

Webseite

15. Stadtsprachen & Parataxe

Das Stadtsprachen-Magazin und die dazugehörige Lesereihe Parataxe werden von einem Team rund um die Berliner Literarische Aktion organisiert und bieten seit 2016 einen tollen Anlaufpunkt für internationale Literatur in Berlin. Neben vielen anderen Sprachen erschienen hier bereits Texte auf Vietnamesisch, Indonesisch, Japanisch und Chinesisch, begleitet von deutschen Übersetzungen.

Migrant Birds Art Space

Koppenplatz 5
10115 Berlin

Webseite

16. Migrant Birds Art Space

Die Galerie Migrant Birds Art Space in Mitte zeigt immer wieder spannende Ausstellungen junger, noch wenig bekannter chinesischer Künstler*innen, veranstaltet Workshops und deutsch-chinesische Austauschprogramme, Filmscreenings und Podiumsdiskussionen.

Chinaladen

Innsbrucker Str. 3
10825 Berlin

 

Webseite

17. Chinaladen

Der Chinaladen, der schon seit gefühlten Ewigkeiten von der Gesellschaft für Deutsch-Chinesische Freundschaft Berlin betrieben wird, ist Buchhandlung und Kuriosum in einem: Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein – wie vor der wirtschaftlichen Öffnung der Volksrepublik, als Sinologie noch ein echtes Orchideenfach war und chinesische Bücher in Europa kaum zu bekommen waren. Viele Originaltitel und eine beeindruckende Sammlung antiquarischer Bücher machen den Charme dieses Ladens aus.