Wir haben Kurator*innen gebeten, wichtige Orte der jeweiligen Szenen zusammenzustellen und so kann man sich auf verschiedenen Sprachlinien durch die Stadt bewegen. 

Griechisch-Italienische Szene

Zusammengestellt von Alexander Gumz
  • 1. Diablog
  • 2. SYN_ENERGY BERLIN_ATHENS in der Lettrétage e.V.
  • 3. Elfenbein Verlag
  • 4. Centrum Modernes Griechenland - Edition Romiosini - Freie Universität Berlin
  • 5. Taverna Notos
  • 6. Dante Connection
  • 7. RAUM Italic / SPAZIO Corsivo
  • 8. Wagenbach Verlag
  • 9. Italienzentrum - Freie Universität Berlin
  • 10. Italienisches Kulturinstitut / Istituto Italiano di Cultura
< >

Alexander Gumz

Alexander Gumz, geboren 1974 in Berlin, wo er auch lebt, studierte Germanistik und Philosophie. Er ist Redakteur und Literaturveranstalter bei KOOK e.V. und für das poesiefestival berlin  und u.a. Mitbegründer der langen Literatur- und Musiknacht HAM.LIT in Hamburg, der Lyriknacht Teil der Bewegung in Leipzig und Frankfurt/Main und des Literaturfests Wortgarten in der Uckermark.

Sein erster Gedichtband, „ausrücken mit modellen“, erschien 2011 bei kookbooks, Berlin. 2013 folgte „45sec, Gedichte zu Fotos von Michael Mies“, bei SuKuLTur, Berlin, und 2015 „verschwörungscartoons, New-York-Flarf-Gedichte“, in der parasitenpresse, Köln. Sein neuer Gedichtband „barbaren erwarten“ kam im Januar 2018 heraus, ebenfalls bei kookbooks.

Wiener Werkstattpreis für Lyrik 2002. Clemens-Brentano-Preis der Stadt Heidelberg 2012. Stipendiat der Villa Decius in Krakau, Polen, 2007, der Deutschen Akademie Rom in der Casa Baldi, Olevano Romano, 2013, der Villa Aurora, Los Angeles, 2016 und des Berliner Kultursenats, 2010 und 2018.

Vorwort

Ohne Griechenland und Italien gäbe es Europa nicht, wir wissen das. Weder seine Philosophie, seine Kunst, seine Architektur noch seine Literatur. Es gäbe auch keine Renaissance und keine Demokratie. In Zeiten des Turbokapitalismus jedoch wurde vor allem Griechenland hierzulande zuletzt mit Negativschlagzeilen überzogen: ein Land voller Korruption, Misswirtschaft und Schlendrian, auf der Unrentabilitätsskala dicht gefolgt vom mafia- und Berlusconi-verseuchten Italien. Im Urlaub fährt man natürlich weiterhin sehr gern zu den Wiegen der Kultur ans Mittelmeer. Verrückt.

Doch wie sagte schon Harry Lime, in den Worten seines Redenschreibers Orson Welles: „In Italien hatten sie in den 30 Jahren unter den Borgias nur Krieg, Terror, Mord und Blut. Aber dafür gab es Michelangelo, Leonardo da Vinci und die Renaissance. In der Schweiz herrschte brüderliche Liebe, 500 Jahre Demokratie und Frieden. Und das Resultat? Die Kuckucksuhr.“ Bei aller polemischer Zuspitzung (die Kuckucksuhr wurde laut Schweiz im Schwarzwald erfunden): In unruhigen Ländern, zu unruhigen Zeiten entsteht nicht selten die bessere Kunst.


Die aktuelle Literatur der beiden Länder – vor allem die Griechenlands – wird in Deutschland bislang zu Unrecht nur punktuell wahrgenommen. Vor allem Bestseller und Krimi-Autor*innen werden verlegt. In Berlin gibt es trotzdem Orte, die man aufsuchen kann, wenn man mal andere literarische Namen kennenlernen möchte als Donna Leon und Petros Markaris, Nikos Kasantzakis und Umberto Eco. Anbei eine kleine Auswahl. Herzlicher Dank für ihre vielen Hinweise geht an Michaela Prinzinger und Dario Deserri.


Diablog

Monumentenstr. 21
10965 Berlin

Webseite

1. Diablog

Beginnen wir – paradoxerweise – im Internet. Autorin und Übersetzerin Michaela Prinzinger betreibt seit 2014 ehrenamtlich, mit Unterstützung von Übersetzerkolleg*innen, das zweisprachige Kulturportal www.diablog.eu für deutsch-griechische Begegnungen. Neben regelmäßigen Posts über beide Länder und Literaturen gibt es Interviews, Reiseartikel und tägliche Kultur-News auf der hauseigenen Facebook-Seite. Von Schöneberg aus arbeiten Prinzinger und ihr Kollege Thanassis Tsingas als Kernteam zusammen mit wechselnden griechischen Mitarbeiter*innen. Ihr Ziel ist ein alternativer Kommunikationskanal, ein langfristig angelegter Imagewandel auf beiden Seiten und das Überdenken alter Länder-Klischees – schlicht: die Entwicklung eines andersartigen Nord-Süd-Dialogs.

Lettrétage e. V.
Methfesselstraße 23-25
10965 Berlin
Telefon: 030 – 6924538
E-Mail: info@lettretage.de



Webseite

2. SYN_ENERGY BERLIN_ATHENS in der Lettrétage e.V.

Die Verzahnung von digitalen und analogen Welten wird am Beispiel von Diablog aufs Schönste ersichtlich: Gemeinsam mit dem jungen Literaturhaus Lettrétage organisieren Michaela Prinzinger und Co. im Herbst ein viertägiges Deutsch-Griechisches Literatursymposium: SYN_ENERGY BERLIN_ATHENS. Es wird erstmals vom 17.-20. Oktober 2018 stattfinden. Über 20 griechische und deutschsprachige Autor*innen sind eingeladen, einander in Text und Diskussion zu begegnen. SYN_ENERGY startet mit einer langen Lesenacht auf gleich zwei Bühnen im Heimathafen Neukölln. Zeit für griechische Entdeckungen.

Elfenbein Verlag

Gaudystraße 7
10437 Berlin
Telefon: (0 30) 44 32 77 69
Email: zentrale@elfenbein-verlag.de


Webseite

3. Elfenbein Verlag

Ingo Držečnik leitet den Elfenbein Verlag aus einem mit Büchern und Autor*innen-Fotos geradezu tapezierten Zimmer im Prenzlauer Berg heraus. Zusammen mit Roman Pliske 1996 in Heidelberg gegründet, 2001 nach Berlin übersiedelt, bietet Elfenbein ein erstaunlich breites internationales Programm. Dafür wurde der Verlag 2018 mit dem renommierten Kurt-Wolff-Preis ausgezeichnet. Seit 2001 hat sich, eher organisch als am Reißbrett, eine griechische Reihe etabliert. Neben zweisprachigen, kommentierten Ausgaben von modernen Klassikern wie Jannis Ritsos, Odysseas Elytis und Giorgos Seferis kann man etwa den Dichter Thanassis Lambrou entdecken, der bis vor kurzem in Berlin lebte. Oder eine verlegerische Mut-Tat: Nikos Kazantzakis' Fortschreibung der Odyssee – ein modernes Epos in 33.333 Versen, das den Vielgereisten erneut um die Welt schickt, bis runter zum Südpol. Ein Buch wie ein Ziegelstein, oder eher: wie eine Stütze für den alltagsmüden Kopf. Weitere Titel aus Griechenland sind in Arbeit.

Centrum Modernes Griechenland / Edition Romiosini
Freie Universität Berlin
Habelschwerdter Allee 45
Raum JK 31/302
14195 Berlin


Webseite

4. Centrum Modernes Griechenland - Edition Romiosini - Freie Universität Berlin

Anders als der bewusst analog arbeitende Elfenbein Verlag wird vom Centrum Modernes Griechenland die Edition Romiosini betrieben, online und als Books-on-Demand. Basierend auf dem Erbe der über 30-jährigen Arbeit des 2014 eingestellten Romiosini-Verlags aus Köln wird hier griechische und griechenlandbezogene Literatur in deutscher Sprache veröffentlicht. Die Edition Romiosini entwickelt dabei kontinuierlich eine digitale Bibliothek der griechischen Literatur und neogräzistischen Forschung. Im Winter 2017 gab es bereits zum vierten Mal ein großes Bücherfest der Edition Romiosini, im Club Watergate in Kreuzberg. Auf der Website der Edition kann man kostenlos Werke der modernen und zeitgenössischen griechischen Literatur lesen, von Mimika Kranaki, Stratis Myrivilis, Dido Sotiriou und Stratis Tsirkas bis zu Haridie s Vlavianos und Dimitris Nollas. Man kann sie aber auch als Buch bestellen und sie quer durch Stadt mit sich herumtragen – von Balkonen in Parks, von Spreestränden in Tavernen.

Taverna Notos
Vorbergstraße 10
10823 Berlin
Telefon: 030 23907730

Webseite

5. Taverna Notos

Die Taverna Notos liegt in einer der schönsten Ecken Schönebergs unweit der Akazienstraße. Im Sommer kann man im idyllischen Biergarten sitzen, im Winter drinnen in entspannt-elegantem Setting. In der Taverna Notos gibt es aber nicht nur hervorragende griechische Küche diesseits von Gyros, Souvlaki und Tsatsiki. Inhaber Vasileios Megas und seine Kollegen richten auch regelmäßig Lesungen, Konzerte und kleine Ausstellungen mit Künstler*innen ihres Landes aus. Am 30. September 2018 gibt es in der Taverna Notos sogar einen Tag des griechischen Buches. Na dann: Gia mas! (sprich: Prost)

Dante Connection
Oranienstraße 165a
10999 Berlin
Tel.: 030-6157658
info@danteconnection.de


Webseite

6. Dante Connection

Fast 25 Jahre ist es her, da übernahm Stefanie Hetze von ein paar Italienern einen italienischen Buchladen in Kreuzberg. Der trug schon damals den unschlagbar coolen Namen „Dante Connection“. Das klingt nach Literaturmafia, nach Kunst, Bildung und Action zugleich. Seither wurde das Team peu à peu um vier Quereinsteigerinnen mit literatur- oder kunstwissenschaftlichen Hintergrund erweitert: Franziska Kramer, Jana Kühn, Syme Sigmund und Judith Krieg. Alle fünf verbindet eine fundierte Italienbegeisterung. Die Damen halten in der zunehmend gentrifizierten Oranienstraße die Stellung mit Büchern aus und über Italien, in beiden Sprachen, aber auch schönen Werken aus anderen Kulturen, Bilder- und Kinderbüchern. Der Laden ist klein, die Auswahl persönlich und liebevoll. Bis zu 50 Gäste passen trotzdem in die Connection wenn Hetze und Co. zu Lesungen – nicht nur – italienischer Autor*innen laden. Auch die jährlich stattfindende Lange Buchnacht in der Oranienstraße betreiben sie seit Jahren mit. 2015, 2016 und 2017 wurde die Dante Connection mit dem Deutschen Buchhandlungspreis ausgezeichnet.

RAUM Italic / SPAZIO Corsivo
Schliemannstr. 29
10437 Berlin
info@raumitalic.com
Tel.: +49 (0) 30 94057665

Webseite

7. RAUM Italic / SPAZIO Corsivo

Alles andere als ein klassischer Buchladen ist der RAUM Italic, aka SPAZIO Corsivo, freundlich versteckt gelegen in der nördlichen Schliemannstraße in Prenzlauer Berg. Seit 2013 leiten Barbara Gizzi und Marco Ghidelli hier ein Hybrid aus Verlag, Grafikbüro, Laden und Galerie. Neben ihren eigenen Produktionen zeigen sie eine bewusst subjektive Auswahl an Projekten aus Italien, die Berlin wahrnehmen sollte: Kunstbücher, Kinderbücher, Belletristik, Illustrationen und Designobjekte. Zuletzt erschienen im eigenen Verlag u.a. „A domani, signor Ravel“ von Gian Nicola Vessia, mit Illustrationen von Federico Maggioni, und „Lasciatemi divertire“ von Nicoletta Grillo. Das sind auch gestalterisch Bücher als Kunstwerke. Und in ihrem „The Impossible Berlin Playgrounds Guide“ unternimmt Autorin Simone Pierini einen Rundgang in Text und Bild über die schönsten Spielplätze Berlins. Nicht nur im kinderreichen Prenzlauer Berg eine formschöne und nützliche Anschaffung. Der RAUM Italic organisiert natürlich auch Buchvorstellungen, Ausstellungen und Workshops.

Wagenbach Verlag
Emser Straße 40/41
10719 Berlin-Wilmersdorf
Tel. 030 / 23 51 51-0
mail@wagenbach.de


Webseite

8. Wagenbach Verlag

Für italienische Literatur in deutscher Übersetzung hat wohl kein Verlag so viel getan wie der von Klaus Wagenbach. Chefin Susanne Schüssler hat Wagenbach bei seinem Rücktritt nicht nur den größten Katalog italienischer Autor*innen in Deutschland hinterlassen. Er hat sie und ihr Team auch mit seiner Liebe zu Land, Kunst und Leuten infiziert. 1964 gegründet war Wagenbach lange einer der führenden linken Verlage Deutschlands. Literatur, Politik und Theorie wurden hier eng geführt. Wagenbach geriet sogar mehrfach mit der Obrigkeit – in Ost und West – aneinander. Erich Fried, Ingeborg Bachmann, Günter Grass, Stephan Hermlin und Wolf Biermann erschienen früh im Westberliner Verlag. Aber auch der große Pier Paolo Pasolini, den Wagenbach – oft auf dem Fahrrad unterwegs, im Gepäck eine Sehnsucht nach dem Politischen – in Italien für sich entdeckte. Seit Mitte der 70er Jahre erschien nicht nur italienische Belletristik, sondern auch Kunst- und Kulturgeschichtliches – neben einer Gesamtausgabe der Künstlerviten Giorgio Vasaris etwa Natalia Ginzburg, Elsa Morante, Carlo E. Gadda, Alberto Moravia, Luigi Malerba, Antonio Tabucchi, Andrea Camilleri, Michela Murgia oder zuletzt Francesca Melandri. 1987 wurde die Reihe SALTO gegründet, handgebunden in rotem Leinen. Bis heute ein Markenzeichen.

Italienzentrum - Freie Universität Berlin
Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften
Räume JK 26/ 222b und JK 26/222d
Habelschwerdter Allee 45
14195 Berlin
Tel.: (+49 30) 838 52 231
E-Mail: italzen@zedat.fu-berlin.de

Webseite

9. Italienzentrum - Freie Universität Berlin

Weit über das Feld der Literatur hinaus koordiniert das Italienzentrum der Freien Universität Berlin die Zusammenarbeit zwischen den Universitäten in Berlin und Potsdam einerseits und italienischen Universitäten und Forschungszentren andererseits. Unter Direktor Prof. Dr. Bernhard Huß und Geschäftsführerin Sabine Greiner unterrichten jedes Semester zwei Gastdozent*innen aus Italien aus verschiedenen geisteswissenschaftlichen Disziplinen auf Italienisch, mit spezifischem Italienbezug. Es gibt regelmäßige fachbereichsübergreifende Kongresse und Tagungen, aber auch Lesungen, Vorträge und Diskussionsrunden mit internationalen Experten aller Disziplinen: Naturwissenschaftlern, Historikern, Ökonomen, Juristen, Archäologen, Filmemachern und Schriftstellern. Eine ambitionierte Einbettung von Literatur aus und über Italien in Wissenschaftskontexte.

Italienisches Kulturinstitut / Istituto Italiano di Cultura Berlin
Hildebrandstr. 2
10785 Berlin–Tiergarten
Tel: 0049302699410
Fax: 00493026994126

Webseite

10. Italienisches Kulturinstitut / Istituto Italiano di Cultura

Das Istituto Italiano di Cultura ist das offizielle Kulturinstitut des Italienischen Staates in Berlin – sozusagen der Blockbuster unter den italienischen Institutionen der Stadt. Es befindet sich – wie sich das gehört – in einem Palazzo: der Italienischen Botschaft in Tiergarten. Dort kann man nicht nur Sprachkurse belegen. Das Institut initiiert auch Lesungen, Konzerte und Ausstellungen mit Italien-Schwerpunkt und führt eine eigene Bibliothek. Seit 2009 betreibt es zusätzlich eine Kooperation mit der Zentral- und Landesbibliothek Berlin, die den großen Bestand italienischer Werke in der Amerika-Gedenkbibliothek am Halleschen Tor sukzessive erweitert. Über 6900 Bücher in italienischer Sprache und über 2200 Bücher in deutscher Übersetzung sind dort zur Zeit verfügbar, dazu zahlreiche Filme und CDs. Man kann sich beim Istituto Italiano di Cultura auch auf Übersetzungsstipendien und -preise des Italienischen Kultur- und Außenministeriums bewerben, falls man aktiv an der weiteren Verbreitung der Literatur Italiens in Deutschland mitwirken möchte.