Wir haben Kurator*innen gebeten, wichtige Orte der jeweiligen Szenen zusammenzustellen und so kann man sich auf verschiedenen Sprachlinien durch die Stadt bewegen. 

Lateinamerikanische Szene

Zusammengestellt von Timo Berger
  • 1. La Batea
  • 2. Eis36
  • 3. Gloria Bar
  • 4. La Cueva
  • 5. Bartleby & Co
  • 6. Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika e. V. (FDCL)
  • 7. Lateinamerika Nachrichten (LN)
  • 8. Café Zapata – Kunsthaus Tacheles
  • 9. La Rayuela
  • 10. La Escalera
  • 11. Altes Finanzamt
  • 12. Ibero-Amerikanisches Institut (IAI)
  • 13. Instituto Cervantes Berlin
  • 14. Lateinamerika-Institut (LAI)
  • 15. alba.lateinamerika lesen
  • 16. Lettrétage
  • 17. La Despensa
  • 18. hochroth Verlag
  • 19. Amarcord
  • 20. A Livraria
  • 21. Andenbuch
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Timo Berger

Timo Berger wurde 1974 in Stuttgart geboren. Er hat von 1995 bis 2001 Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, Lateinamerikanistik und Neuere deutsche Literatur in Tübingen, Buenos Aires und Berlin studiert. Aufenthalte in Argentinien, Brasilien, Peru, Paraguay und Polen.
Heute lebt er als freier Autor, Journalist, Übersetzer aus dem Spanischen und Portugiesischen und Moderator in Berlin. Schwerpunkt seiner journalistischen Arbeit ist Lateinamerika.

Vorwort

Die lateinamerikanische Szene in Berlin ist zwar klein aber sie wächst. Und sie ist in ständigem Wandel, aber beileibe nicht flüchtig. Neue spannende Orte öffnen ihre Türen, bestehen für eine Zeit, haben ihr Publikum und schließen dann wieder. Dennoch bleiben auch diese Orte im kollektiven Gedächtnis der Stadt, weswegen ich auf meiner subjektiven Karte nicht nur aktuelle, sondern auch nicht mehr aufzustöbernde Orte Berlins verzeichnen möchte, die mit Lateinamerika und seiner Literatur in Verbindung stehen.

La Batea
Krumme Straße 42
10627 Berlin

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1. La Batea

La Batea ist das älteste (und noch bestehende) Restaurant mit lateinamerikanischer Küche. Vor 35 Jahren in Charlottenburg von drei chilenischen Exilanten gegründet, hat es zwei Mal den Besitzer gewechselt, und bietet heute Speisen aus mehreren Regionen Lateinamerikas an.

v.l.n.r. Léonce Lupette, Dichter und Übersetzer, lebt zurzeit in Buenos Aires und Marco Th. Bosshardt, Professor für Romanistik an der Uni Flensburg

Eis36

Adelbertstr. 96
10999 Berlin

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2. Eis36

Das Eis36 war eine zur Bar umgebaute Eisdiele am Kottbusser Tor, die María Barragán und Gonzalo Fiallos von Marías Mutter übernahmen. Ab etwa 2005 wurde es für ein paar Jahre lang zu dem inoffiziellen Hauptquartier der Latinoszene - in dem Lesungen, Performances, Konzerte, Filmvorführungen, DJ-Sets improvisiert wurden und Lateinamerikaner, die neu in der Stadt waren, mit ersten Infos und Kontakten versorgt wurden. Einmal habe ich dort den großen chilenischen Dichter Raúl Zurita getroffen, er lauschte andächtig einer Lesung von Cristian Loiaza. Niemand sonst schien von Zurita Notiz genommen zu haben. In den Räumen des ehemaligen Eis36 befindet sich heute das Kremanski, das immer noch offen für Veranstaltungen mit lateinamerikanischen Autoren ist, unter anderen tritt hier Elyse Suquilanda auf. Es gibt inzwischen wieder Eis und dazu Superfoods und Crafts-Bier.

Gloria Bar
Görlitzerstrasse 42
10997 Berlin

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3. Gloria Bar

Ob es hier die besten Empanadas der Stadt gibt, wie behauptet wird, mag ich nicht beurteilen. Empanadas sind frittierte oder im Ofen gebackene Teigtaschen mit unterschiedlichen Füllungen. Klassisch: Carne cortada a cuchillo (mit dem Messer kleingeschnittenes Rindfleisch), Zwiebel, gekochtes Ei, Rosinen, Oliven und Kumin – wobei es unzählige Varianten gibt. In der Gloriabar kann man die Schriftstellerin Samanta Schweblin treffen, auch Alejandro Zambra wurde hier schon gesichtet. Neben dem Sarao Poetico, einer Lesung mit offenem Mikrofon, an das vor allem spanisch- und portugiesischsprachige Autoren treten, findet hier Konzerte von Latin-Rockbands und Tangospielern statt. Der Name der Bar geht auf den gleichnamigen Film des Cineasten Sebastián Lelio zurück, der 2013 einen Silbernen Bären für die beste Darstellerin erhielt.

Santiago El Mato im La Cueva vor dem Konzert



La Cueva

Oranienstr. 159
10969 Berlin



El surco (Chabuca Granda)

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4. La Cueva

La Cueva („Die Höhle“) war kein Lokal, sondern als „Raum für persönliche und professionelle Vorschläge jenseits der Klischees“ eine Plattform, die lateinamerianische und Berliner Musiker, Autoren und Theatermacher vernetzte. Ich lernte María Amada Heras Herrera, die La Cueva zusammen mit Franzisco Garzón Céspedes schon vor dem Mauerfall in Kreuzberg in einem Kellerraum eingerichtet hatte, durch Edmundo Bejarano kennen. Der Filmemacher und Autor organisiert seit Mitte der 2000er Jahre in unregelmäßigen Abeständen an wechselnden Orten der Stadt Soiréen mit Lesungen, Filmpräsentationen und Liveauftritten von Bands oder Sängern. Vielleicht das letzte Mal, dass ich in La Cueva hinabstieg, war im Juni 2011. Bejarano hatte dort ein Konzert der Band El mató un policia motorizado organisiert, die zu der Zeit in Argentinien als eine der wichtigsten Newcomerrockbands galt. Ende 2013 schloss La Cueva.


Vorstellung des Romans STARRING JUAN von Juan Saenz de Tejada Urruzola, Juli 2017


Bartleby & Co

Boppstr. 2
10967 Berlín

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5. Bartleby & Co

Die spanische Buchhandlung wurde 2013 im Kreuzberger Gräfekiez an der Grenze zu Neukölln eröffnet. Die Buchhändlerin Ana S. Pareja ist gleichzeitig Verlegerin von Ediciones Alpha Decay, einem unabhängigen Verlag aus Barcelona. Bei Bartleby & Co im Souterrain eines Altbaus finden sich ein Sortiment neuer spanischsprachiger Bücher mit Schwerpunkt auf unabhängigen Verlagen und eine Auswahl Bücher zweiter Hand, sowie eine Buchausleihe und eine kleine Bar. Das Besondere sind aber die wöchentlichen Veranstaltungen: Konzerte, Buchvorstellungen, Filmvorführungen, Diskussionen und Workshops. Unter anderem zeigt hier der Dichter und (Nicht)Verleger Cristian Forte hier, wie man Bücher manuell selbst bindet. Man trifft aber nicht nur die junge spanischsprachige Literaturszene, sondern auch englischsprachige Expats.

Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerica e. V. (FDCL)
Im Mehringhof, Aufgang 3, 5.Stock, Gneisenaustraße 2a
10961 Berlin

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6. Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika e. V. (FDCL)

Im FDCL habe ich nach Abgabe meiner Magisterarbeit ein Praktikum gemacht und viele Lateinamerikaaktivisten der ersten Stunde kennengelernt. Das Zentrum und sein Archiv entstand 1974 im Rahmen der Solidaritätsbewegung für Lateinamerika. Es sammelt und verschlagwortet Zeitschriftenbeiträge und Publikationen zu Lateinamerika und macht sie Interessierten zugänglich, stellt Dossier und Publikationen zu aktuellen Themen zusammen und veranstaltet Vorträge und Podiumsdiskussionen mit lateinamerikanischen Vertretern der Zivilgesellschaft. In seinen Ursprüngen verstand sich das Archiv weniger als wissenschaftliche Einrichtung, sondern als Teil einer Gegenöffentlichkeit zur Berichterstattung der großen Medien und der Arbeit etablierter Institutionen wie dem Ibero-Amerikanischen Institut. Heute dockt das FDCL mit seiner Lateinamerikaexpertise an die Themen und Debatten der internationalen globalisierungskritischen Bewegungen an.

Lateinamerika Nachrichten (LN)
Gneisenaustraße 2a
10961 Berlin

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7. Lateinamerika Nachrichten (LN)

Die Lateinamerika Nachrichten wurden als Chile Nachrichten 1973 kurz vor dem Putsch durch Pinochet von den Chile-Komitees genannten Solidaritätsgruppen gegründet. Die Zeitschrift berichtet monatlich über die politische Entwicklung in der Region und stellt neue Bücher zu Lateinamerika vor. Das ehrenamtliche Redaktionskollektiv trifft sich jeden Donnerstagabend in Kreuzberg und steht allen angehenden Journalisten und Lateinamerikabegeisterten offen. Ehemalige Mitglieder des Kollektivs sind heute Lateinamerikakorrespondenten bedeutender deutschsprachiger Medien. Von 2002 bis 2004 war ich Teil der Redaktion; schrieb auch in den Jahren danach ab und an Artikel. Seit 2015 wird auf Initiative der Übersetzerin Laura Haber in den LN in jeder Ausgabe ein Gedicht aus Lateinamerika abgedruckt – das gefällt mir sehr gut.

Café Zapata- Kunsthaus Tacheles
Oranienburger Str. 54-56a
10117 Berlin

8. Café Zapata – Kunsthaus Tacheles

Die ersten Gäste unseres Poesiefestivals Latinale tanzten hier Mitte der 2000er Jahre die Nächte durch, verliebten sich in Unbekannte. Das Café Zapata war eine Bar im Kunsthaus Tacheles. Im Jahr der Wende besetzt, wurde das Tacheles 2012 endgültig geräumt. In dem Café fanden viele Konzerte und Djsets mit lateinamerikanischen Rythmen statt. In der Pizzeria nebenan, trafen sich bisweilen die versprengten Reste des Berliners chilenischen Exils zum Mittagstisch.

Lesung mit Cristian Forte


La Rayuela
Südstern 2
10961 Berlin

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9. La Rayuela

Drei Mal ist die spanischsprachige Buchhandlung umgezogen, suchte zwischenzeitlich mit einem Restaurant Synergien und teilte zuletzt seine Räume mit Sprachschule, Café und Weinhandlung. Anfang 2017 schloss die Buchhandlung nach elf Jahren. In meiner Erinnerung bleibt eine positive Bilanz. La Rayula war ein Ort, an dem relativ spontan Veranstaltungen organisiert werden konnten. 2005 stellten Tom Schulz, Rery Maldonado und ich hier Gedichtbände von Sergio Raimondi und Germán Carrasco vor. Vielen Veranstaltungen folgten, unter anderem mit Sergio Ramírez, Washington Cucurto und Julián Herbert. Im Februar 2017 versteigerten Mario Gomes und ich die letzten Bücher in den Regalen und die schlechtesten (und deshalb nie veröffentlichten) Texte befreundeter Autorinnen und Autoren. 

Mitinhaber Germán Restrepo und Beatriz Argüello

La Escalera
Kopenhagener Str. 73
10437 Berlin

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10. La Escalera

La Escalera ist ein Antiquariat spanischsprachiger Literatur geführt von Germán Restrepo Lucena und José Luis Pizzi. In einem Hinterhof im Prenzlauer Berg gibt es aber nicht nur Bücher zweiter Hand, die man mittels einer Leiter aus den bis an die Decke reichenden Regalen holt, sondern auch Veranstaltungen mit lateinamerikanischen Autoren wie Domingo de Ramos und Luis Armenta Malpica.

Altes Finanzamt
Schönstedtstraße 7
12043 Berlin

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11. Altes Finanzamt

Einige Jahre ging ich am Alten Finanzamt vorbei, ohne es zu bemerken. Ich wohnte um die Ecke in der Donaustraße 100 gleich hinter dem Neuköllner Rathaus. Edmundo Bejarano, einer der umtriebigsten Agitatoren in der Berliner „Latinoszene“ lud mich zu einer Soirée mit Lesung und Film ein. Ich stand erst eine Weile vor dem verschlossenen Hauptportal der ehemaligen Steuerbehörde, bis mich andere Gäste in den Hof führten, wo eine Souterraintür sich auf unser Klopfen öffnete. Auf halber Treppe zwischen Untergrund und Straße öffnete sich ein Spielfeld für Neoavantgardistische Künstler. Man erzählt sich, dass hier sogar Schreibmaschinenweitwurfwettbewerbe stattgefunden haben. Die gute Nachricht: Das Alte Finanzamt gibt es noch.

Ibero-Amerikanisches Insitut (IAI)
Potsdamer Straße 37
10785 Berlin

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12. Ibero-Amerikanisches Institut (IAI)

Das Ibero-Amerikanische Institut steht ein wenig im Schatten der Staatsbibliothek zu Berlin. Nur Eingeweihte erkennen in den beiden Bronzestatue vor der Forschungseinrichtung die Vorkämpfer der Unabhängigkeit Lateinamerikas: Simon Bolívar und José de San Martín. Drinnen im Lesesaal herrscht eine Atmosphäre gegenseitiger Komplizenschaft: Wenn man hier öfters aufschlägt, kennt man schnell die anderen Besucher. Neuankömmlinge, die an lateinamerikanischen Universitäten forschen und arbeiten und zu Recherchen nach Berlin kommen, finden schnell Anschluss. Beeindruckend sind die Sammlungen des Instituts wie der Nachlass des Schriftstellers Roberto Arlt mit preußischen Wurzeln, der Bestand an brasilianischer Cordelliteratur und Kartonbüchern aus mehreren Ländern Lateinamerikas. Im IAI gibt es auch regelmäßig Debatten, Vorträge, Lesungen, Konzerte, Filmvorführungen und Ausstellungen zu lateinamerikanischen Themen.

Rafael Mantovani beim Soundcheck 2016

Instituto Cervantes Berlin
Rosenstraße 18-19
10178 Berlin

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13. Instituto Cervantes Berlin

Ohne das Berliner Instituto Cervantes wäre die Latinale undenkbar. 2005 traten Rike Bolte und ich an den damaligen Institutsleiter Ignacio Olmos mit der Idee für ein mobiles Festival junger lateinamerikanischer Lyrik heran. Er war offen und neugierig. Und so lud die Latinale 2006 zum ersten Mal unterstützt von der Kulturstiftung des Bundes elf aufstrebende Dichterinnen und Dichter aus Lateinamerika nach Berlin ein – zu einem, der schon hier war: Ricardo Domeneck. Da das Festival als mobil konzipiert ist, haben wir auch an anderen Veranstaltungsorten Berlins und in anderen deutschen Städten Station gemacht. Ausgangspunkt ist aber immer das Instituto Cervantes. Die spanische Kultureinrichtung präsentiert das ganze Jahr über Kunst und Kultur aus Spanien und Hispanoamerika: Wer chilenische Lyrik des 20. Jahrhunderts, aktuelle Filme aus Kolumbien oder eine Ausstellung einer uruguayischen Künstlergruppe erleben will, der muss ins Instituto Cervantes gehen. Spanisch lernen kann man dort auch. Und wenn man mag, dann sogar mit lateinamerikanischem Akzent.

Lateinamerika-Institut (LAI)
Rüdesheimer Str. 54
14197 Berlin

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14. Lateinamerika-Institut (LAI)

Das LAI ist eines der drei auf Regionalstudien spezialisierten Zentralinstitute der Freien Universität Berlin. „La gente ahí, tiene cierta onda!“ (Die Leute dort sind besonders drauf), hört man oft. Das durfte ich selbst auch erleben, als ich 1999 nach einem Auslandsjahr in Buenos Aires mein Hauptstudium dort fortsetzte. Weil ich in Berlin noch niemanden kannte, ging ich zur Einführungsveranstaltung „Lateinamerikanistik“. Auf der Freitreppe vor dem Eingang des Instituts saßen die Neulinge neben den alten Hasen. Man kam schnell ins Gespräch. Die junge Frau, die neben mir saß, und sich später als meine Tutorin im Seminar herausstellen sollte, hatte eine argentinische Mutter. Stoff genug für den ersten Small Talk. Bis heute halte ich Kontakt zu Mitstudenten und einigen Dozenten am LAI. Es sind fraglos besondere Leute: Faszinierte.

Maria Schulz, eine der Gründerinnen von alba berlin


alba.lateinamerika lesen
Graefestr. 70
10 967 Berlin

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15. alba.lateinamerika lesen

 

"alba" ist nicht nur der Name eines Eishockeyteams oder eines Müllentsorgers, sondern auch der einer Literaturzeitschrift, die 2012 zum ersten Mal in Berlin erschien. Das Konzept von alba, lokale und lateinamerikanische Autorinnen und Autoren immer zweisprachig vorzustellen, hat sich Guillermo Bravo ausgedacht, der alba 2008 in Paris gründete und danach „Lokalausgaben“ in London, Schanghai und der deutschen Hauptstadt anregte. alba berlin hat feste Rubriken, widmet sich aber auch schwerpunktmäßig der aktuellen Literatur einzelner Länder. Die Redaktion arbeitet ehrenamtlich.

Lesung in der Lettrétage 2013 mit der brasilianischen Autorin Paloma Vidal

Lettrétage

Mehringdamm 61, 10961 Berlin

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Eröffnung deutsch-argentinische Schriftstellerkonferenz Botenstoffe 2010

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16. Lettrétage

Die Lettrétage ist ganz sicher das „lateinamerikanischste“ Literaturhaus Berlins. Die Kreuzberger habe ich stets als offen für nicht deutschschreibende Autorinnen und Autoren erlebt. Katharina Deloglu, eine der drei Gründer*innen der Lettrétage, interessiert sich besonders für spanische und lateinamerikanische Autoren. Sie scheut auch nicht davor zurück, noch unbekannte, unübersetzte Autorinnen einzuladen. So konnten 2008 Besucher des Sommerfests unter Anleitung von Washington Cucurto von Eloísa Cartonera selbst Kartonbücher anfertigen. 2010 richtete die Lettrétage mit „Botenstoffe“ die ersten deutsch-argentinische Schriftstellerkonferenz aus, bei der Autoren wie Julia Zange, Tilman Ramstedt, Daniel Falb, Juliane Liebert, Nora Bossong auf Lola Arias, Pablo Ramos, Laura Alcobo, Sergio Raimondi und Félix Bruzzone trafen. Unvergessen ist auch das Projekt „Covering Onetti“, zu dem jungen deutsche Schriftsteller eingeladen wurden, drei Geschichten des uruquayischen Autors Juan Carlos Onetti zu „covern“, also umzuschreiben und zu adaptieren, sich spielerisch ihrer eigenen Schreibe anzueignen. Auch mehreren Anthologien, die sich aktueller lateinamerianischer Literatur widmeten wie Asado Verbal, Neues vom Fluss, Popcorn vom Zuckerhut, Wir sind bereit. Junge Prosa aus Brasilien, wurden hier vorgestellt. Leider musste das Literaturhaus seinen ersten Sitz, eine Gründerzeitvilla mit dem Charme einer efeuumrankten Fassade am Rand des Vikoriaparks verlassen und an den Mehringdamm ziehen. Die neuen Räume erlauben aber größere Veranstaltungen und sind technisch voll ausgestattet. Die Lettrétage entwickelt immer wieder neue, experimentelle Formate der Literaturpräsentation und -vermittlung. So durften wir im Rahmen der Latinale 2016 dort konkrete Soundpoesie präsentieren: Martin Gubbins und Martin Bakero beschwörten mit spitzen gurrenden Lauten das Publikum.

mit dem Besitzer Rodrigo Franco



La Despensa
Samariterstraße 35
10247 Berlin

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17. La Despensa

Paraguay ist selbst für viele Lateinamerikaner eine terra incognita. Jetzt gibt es das landestypische Chipá, Maisbrot, im Friedrichshain in La Despensa. Die Gegend, in der ich Anfang der 2000er Jahre gewohnt habe, hat sich in der Anmutung kaum gewandelt: Immer noch viel Asphalt, Graffiti und Streetart. Punks und Hunde. Um die Ecke des paraguayischen Imbiss gründete ich 2001 mit ein paar damals noch unbekannten Autoren eine Lesebühne. Bei monatlichen Veranstaltungen hatten wir immer Gäste. So traten dort Cecilia Pavón, Washington Cucurto und Gabriela Bejerman aus Buenos Aires auf. Alles war immer ein bisschen improvisiert, die Texte neu, das Abschlusslied, das wir gemeinsam sangen, ambitioniert für unsere schiefen Stimmen. Etwas von dieser Improvisationslust findet sich bis heute im Samariterkiez. Und: Es gibt dort jetzt auch Mate vom Fass.


hochroth Verlag
Rheinstraße 50
12161 Berlin

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18. hochroth Verlag

hochroth ist ein Verlagsprojekt mit Dependancen in Berlin, Bielefeld, Budapest, Leipzig, Paris, Wien und Wiesenburg, das „kleine“ Bücher macht: sorgsam editierten Perlen. Auch für Lateinamerika sind pro Jahr ein, zwei, drei Programmplätze reserviert. So erschienen dort schon Gedichte von Luis Felipe Fabre, Mayra Santos-Febres, Francisco Ruíz Udiel, Cristian Forte und Érica Zíngano, sowie eine Anthologie chilenischer Dichtung.

Amarcord
Paul-Robeson-Str. 2
10439 Berlin

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19. Amarcord

The latest shit. Ich war noch nicht mal dort. Aber in der Latino-Szene sprechen sie über den Laden. Die Selbstaussagen auf der Website klingen vielversprechend: „AMARCORD will offener Raum sein für ein Treffen zwischen der Diaspora der Emigranten und einer deutschen Gemeinschaft, die sich für internationale literarische Schätze interessiert.“ Portugiesische, französische, spanische sind dort zu erwerben. Darüber hinaus gibt es ein ambitioniertes Veranstaltungsprogramm. Hingehen und Ausprobieren!

20. A Livraria

Ich bin da einmal reingestolpert, weniger auf der Suche nach einem bestimmten Buch, sondern einfach nur aus Neugier. Ich blickte auf die Neuerscheinungen aus Brasilien und entschied mich dann für eine Guavenmarmelade. Das war aber meinen leeren Taschen geschuldet. Mittlerweile gibt es im A Livraria auch italienische Bücher. Und ab und an, gibt es hier sehr gute Veranstaltungen mit portugiesischsprachigen und italienischen Autorinnen und Autoren.


Teresa Cosci


Andenbuch
Bergmannstr. 59
10961 Berlin


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21. Andenbuch

Gelegen in einem idyllischen Hinterhof mit Zengarten und Brunnen bietet Andenbuch ein breites Sortiment an spanischsprachigen Bücher aus den Bereichen Poesie, Belletristik, Soziologie, Menschenrechte, Kinderbuch und zweisprachige Editionen. Die neueste spanische Buchhandlung Berlins ist gewissermaßen die Reinkarnation der legendären Andenbuchhandlung. Diese war ursprünglich Teil eines Kulturprojekts, das Exilanten aus Argentinien, Chile und Uruguay 1984 in Berlin gründeten. Überdauert hatte damals nur der Buchladen, bis ihr Eigentümer Thomas Rübens vor vier Jahren in den Ruhestand ging. Teresa Cosci und Hernán Marchese haben im September 2017 Andenbuch mit alten und neuen Beständen am ruhigeren Ende der Bergmannstraße eröffnet. Hernán Marchese lehrt in Workshops kreatives Schreiben und Teresa Cosci arbeitet als Sprecherin für die Deutsche Welle. Beide wollen in dem Laden nicht allein Bücher verkaufen, sondern engagierte Kultur präsentieren – mit Filmreihen, Konzerten und Lesungen. In naher Zukunft könnte auch ein Café in die hohen Räume einziehen.