Mehr als die Hälfte der Studierenden an den hessischen Kunsthochschulen sind Frauen – aber trotzdem sind professionelle Künstlerinnen in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit immer noch zu wenig präsent. Hier setzt das 2021 eingeführte Stipendienprogramm des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst an, das durch seinen Namen an die Porträtmalerin und Zeichnerin Ottilie W. Roederstein (1859-1937) erinnert. Roederstein kämpfte gegen die zahlreichen Vorurteile der damaligen Zeit und setzte sich gemeinsam mit ihrer Lebensgefährtin Dr. Elisabeth Winterhalter, der ersten deutschen Chirurgin, für die Gleichberechtigung der Frau ein. So eröffnete sie ein Lehr-Atelier, das ausschließlich Schülerinnen aufnahm. Roederstein lebte und wirkte unter anderem in Frankfurt am Main und Hofheim im Taunus.
Was bieten die Stipendien?
In dem Stipendienprogramm werden jährlich Stipendien an herausragende hessische Künstlerinnen oder Künstlerinnengruppen aller Sparten in drei Kategorien vergeben:
Das Hauptstipendium in Höhe von bis zu 70.000 Euro soll die Sichtbarkeit von Künstlerinnen und ihren Arbeiten erhöhen. Für die Bewerbung ist ein Hochschulabschluss an einer der hessischen Kunsthochschulen nachzuweisen oder – im Falle eines Hochschulabschlusses in einem anderen Land – der Nachweis eines aktuellen Erstwohnsitzes in Hessen.
Das Nachwuchsstipendium, das mit bis zu 40.000 Euro dotiert ist, soll besonders talentierten jungen Künstlerinnen die Möglichkeit eröffnen, während oder unmittelbar nach ihrer Ausbildung bereits ein größeres Projekt umzusetzen. Für den Antrag ist entweder ein aktuelles Studium an einer der hessischen Kunsthochschulen oder ein Hochschulabschluss an einer der hessischen Kunsthochschulen nachzuweisen. Ebenfalls antragsberechtigt sind Künstlerinnen mit einem Hochschulabschluss eines anderen Landes (nicht länger als drei Jahre zurückliegend) mit dem aktuellen Erstwohnsitz in Hessen.
Zusätzlich vergibt das Land Hessen bis zu fünf Arbeitsstipendien im Gesamtwert von 20.000 Euro an hessische Künstlerinnen, die sich in einer besonderen familiären Belastungssituation befinden wie etwa der Erziehung eines Kindes unter 12 Jahren oder Pflegearbeit.
Mit Haupt- und Nachwuchsstipendium werden jeweils Projektvorhaben gefördert. Die Förderung erfolgt mit einem Jahresstipendium sowie Mitteln für die künstlerische Umsetzung des Projekts, also zum Beispiel die Durchführung einer Ausstellung, eines Konzertes, einer Aufführung, die Realisation eines Kunstwerks, Druckkosten oder vergleichbare Kosten. Die durchgeführten Projekte müssen dokumentiert und in Hessen realisiert werden. Im Rahmen des Arbeitsstipendiums muss an einem Projekt gearbeitet werden.
Die detaillierten Bewerbungsvoraussetzungen werden in den Förderrichtlinien beschrieben.
Förderrichtlinien
Über die Vergabe der Stipendien entscheidet eine mehrköpfige Auswahljury. Die Mitglieder werden in jedem Jahr entsprechend Bewerberinnenlage und Spannbreite der spartenübergreifenden Bewerbungen mit entsprechender Expertise berufen, wobei mindestens die Hälfte der Sitze an Frauen vergeben werden.
Bewerbungen für alle drei Stipendienarten sind 2023 vom 24. Juli bis zum 30. September über das Online-Portal einzureichen.
Einen Antrag auf ein Haupt- oder ein Arbeitsstipendium können Künstlerinnen stellen, die professionell, selbständig und freischaffend tätig sind. Antragstellerinnen für ein Arbeitsstipendium müssen zum Antragszeitpunkt ihren Erst-/Hauptwohnsitz in Hessen haben. Antragstellerinnen für ein Nachwuchsstipendium können einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen.