Warum sind Inseln seit Homers „Odysee“, Shakespeares „Sturm“, Daniel Defoes „Robinson Crusoe“ und Robert L. Stevensons „Die Schatzinsel“ so besondere Orte für Literatur? Dörte Hansen gibt in ihrem neuen Roman „Zur See“ darauf die Antwort: „Alle Inseln ziehen Menschen an, die Wunden haben, Ausschläge auf Haut und Seele.“ Dörte Hansen schreibt einfühlsam und sprachgewaltig über Menschen an einem besonderen Ort, wo die Zäune um die Kapitänshäuser aus Walknochen bestehen, die Angst vor der Monsterwelle in den Alkoholismus führt und man sein Leben an den Rhythmus der Tourismusfähren anpasst. Dieser Roman enthält die komplette DNA einer deutschen Nordseeinsel: Am Beispiel einer Fischerfamilie erzählt Hansen von den Schönheiten und Schattenseiten des Alltags an einem Ort, den andere nur vom Urlaub kennen. Und wie in ihren ersten beiden Romanen „Altes Land“ und „Mittagsstunde“ geht die versierte Idyllenzerstörerin Dörte Hansen in „Zur See“ an einen Ort, den viele für das Paradies halten, und portraitiert ihn als Hölle.
Anschließend: 21.00 Uhr Film „Mittagsstunde“
Im fiktiven nordfriesischen Dorf geht jeden Tag die Welt unter – jedenfalls wenn man Marret Feddersen begegnet, genannt Marret Ünnergang. Marret ist die Tochter von Sönke und Ella Feddersen, die den Dorfkrug betreiben, und beschwört ständig den Weltuntergang. Und sie hat ja recht: Das Dorf, über tausend Jahre die dominierende deutsche Lebensform, ist dank der Industrialisierung der Landwirtschaft, der Flurbereinigung und der Landflucht tatsächlich dem Untergang geweiht. Davon erzählt Regisseur Lars Jessen in seiner eindrucksvollen Verfilmung von Dörte Hansens Erfolgsroman mit Charly Hübner in der Hauptrolle.