„Ich schreibe, weil Schweigen mich nicht gerettet hat“, heißt es in Aaiún Nins (geboren 1991 in Angola) Debütband, der 2022 im englischen Original und im letzten Jahr unter dem Titel Denn Schweigen ist ein Gefängnis (én verlag) in deutscher Übersetzung von Olaide E. Frank erschien. Die Gedichte darin thematisieren eindringlich Erfahrungen der Entmenschlichung, der Scham und physischen Gewalt, die sich in den Körper eingeschrieben haben: „Erzähl mir, wie du zum ersten Mal vergiftet wurdest. / Wie aus tiefrotem Blut Rohöl entstand. Schwarz und schwer. / Und eine Seele sich in zwei spaltete. / Und die Hälften weiter zersplitterten“. Gleichzeitig transformieren sie sich zu Akten des Widerstands, des körperlichen Begehrens und Aufbegehrens. Aaiún Nin lebt seit 2016 im europäischen Exil, derzeit in Bern.
In der vom Goethe-Institut im Exil initiierten Reihe Literatures in Exile trifft Aaiún Nin auf Yirgalem Fisseha Mebrahtu (geboren 1981 in Eritrea), die seit 2018 im Exil in München lebt. Während ihrer sechsjährigen unrechtmäßigen Inhaftierung im Militärgefängnis Mai Serwa entstanden die Texte aus dem Band Ich bin am Leben (Verlag Das Wunderhorn 2023, aus dem Tigrinischen von Kokob Semere, Miras Walid, Mekonnen Mesghena; Nachdichtung: Hans Thill). Die sehr bildhaften, teils allegorischen, von Redewendungen, Natur- und Tiergleichnissen geprägten Gedichte zeichnen ein ambivalentes Verhältnis zum Heimatland: Erfahrungen totalitärer Unterdrückung und Willkür einerseits, Trauer über den Verlust der Heimat und Hoffnung auf eine friedliche Zukunft andererseits: „Zeigt sich der Mond schlaftrunken im Dunst, / müht er sich ab, damit sein Licht nicht verlischt, / sagt er doch stets: ‚Ich bin noch am Leben‘, / damit die Liebenden ihre Hoffnung nicht verlieren.“ Moderiert wird der Abend von Ana Sobral, Literaturwissenschaftlerin und Leiterin von Weiter Schreiben Schweiz.
Die Veranstaltung wird englisch-deutsch gedolmetscht. Mit freundlicher Unterstützung von ECHOO Konferenzdolmetschen
In Kooperation mit der Reihe „Literatures in Exile“ von Goethe-Institut im Exil, gefördert durch die Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt des Landes Berlin
In Lesung & Gespräch: Yirgalem Fisseha Mebrahtu | Aaiún Nin
Moderation: Ana Sobral