Unter den deutschsprachigen Gegenwartsautor:innen beschreitet kaum jemand eigenwilligere Wege als der österreichische Dichter Franz Josef Czernin (geboren 1952 in Wien). Seine Lyrik der 80er u frühen 90er (Kunst des Sonetts 1 -3) war noch deutlich geprägt von einer radikalen Sprachskepsis, die sich herleitet von den Einflüssen vor allem der Wiener Gruppe und ihren sprachphilosophischen Erwägungen. Es entstanden vornehmlich abstrakte Gebilde, die sich in kleinschrittigen Varianten und Permutationen entfalteten: Sprachliche Häutungen in Zeitlupe, die einer seriell-positivistischen Ästhetik verpflichtet waren und als asketischer Formalismus bezeichnet wurden. Spätestens mit dem Band gedichte (1992), elemente.sonette (2002) und zungengleich. visionen, varianten (2014) zeigte sich immer deutlicher ein Zug ins Barocke, Mystische, ja Religiöse, das Werk öffnete sich zusehends der Welt, die sich vielstimmig durch alle Register in der Sprache offenbart. Hinzu kommen bahnbrechende Shakespeare-Übersetzungen, Dante-Verwandlungen und Weiterschreibungen Grimm'scher Volksmärchen.
In Lesung & Gespräch: Franz Josef Czernin
Moderation: Ulf Stolterfoht