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Weltklang – Nacht der Poesie

Sonntag, 15. Juni 2025

19:00 UHR

Veranstaltungsort

Akademie der Künste, Hanseatenweg

Hanseatenweg 10
10557 Berlin

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Eintritt: 17/10 € (inkl. Anthologie)

Details

Am Abschlussabend des Festivals lesen und performen acht Dichter:innen aus unterschiedlichen Teilen der Welt in den jeweiligen Originalsprachen und zeigen, welche Intensität Poesie nicht nur in der stillen Lektüre, sondern im gesprochenen Wort, in der Konzentration einer dichterischen Stimme erzeugen kann. Exklusiv zur Veranstaltung erscheint eine Anthologie zum Mit- und Nachlesen der Gedichte auf Deutsch und Englisch.

Die Dichter:innen werden vorgestellt von Anna Eble, Logan February, Valeria Gordeev, Ana Rocío Jouli, Felipe Sáez Riquelme, Ivana Sajko, Jordan Lee Schnee und Jan Wagner.

Kaum ein anderer deutschsprachiger Dichter ist wie Yevgeniy Breyger (geboren 1989 in Charkiw) innerhalb kürzerer Zeit auf die Höhe dessen gelangt, wie Lyrik heute gedacht und geschrieben werden kann. Das Erstaunliche aber geschah danach: Nach dem Einbruch der bitteren Realität – der Eskalation des russischen Angriffskrieges im Frühjahr 2022 – in Welt und Werk kam Breyger unter Preisgabe aller seiner avancierten künstlerischen Mittel zu einem viel direkteren Sprechen im Gedicht. „Frieden ohne Krieg“ (kookbooks 2024) sorgte für Furore. Das Gedicht „(indistinctive chatter) geplapper des jahres“, das Breyger vortragen wird, schrieb er eigens für das diesjährige Poesiefestival.

Olvido García Valdés (geboren 1950 in Asturien, Spanien) gilt als eine der bedeutendsten Vertreterinnen spanischer Gegenwartspoesie. Mit „Jagd bei Nacht“ (KLAK Verlag 2023), im spanischen Original bereits 1997 erschienen, liegt ein erster Band in deutscher Übersetzung vor. Die Gedichte zeugen von einer intensiven Wahrnehmung des scheinbar Offensichtlichen, das in meist wenigen präzisen Zeilen transzendiert wird zum Wesentlichen: „Die Angst schreiben heißt langsam / schreiben, mit kleiner Schrift und weitem Zeilenabstand“. 

In den Gedichten von Maricela Guerrero (geboren 1977 in Mexiko-Stadt) träumen Zellen und Wölfe, und Dattelpalmen proben den Aufstand. Manchmal sind ihre Texte Wiegenlieder unter Mikroskoplinsen, manchmal Spaziergänge durch bewaldete 3D-Landkarten im Maßstab 1:1. Immer aber geht es darum, in ungebräuchlichen, mineralischen Sprachen die in Statistiken verschlüsselte Sprache des Imperiums zu „lindern“ und zu „schütteln“. Auf Deutsch erschienen ihre Texte u.a. im zweisprachigen Band „El sueño de toda célula/Wovon jede Zelle träumt“ (Aphaia Verlag 2021).

Monika Herceg (geboren 1990 in Sisak, Kroatien) veröffentlichte nach ihrem international gefeierten Debütband „Početne koordinate“ (2018, zu Dt. etwa: Anfangskoordinaten), ein Zyklus über ihre Kindheit während der Jugoslawienkriege, zwei weitere Bände, die sie mehr und mehr als feministische Dichterin ausweisen. In „Jagdverbot“ (eta Verlag 2023), der deutschen Übersetzung des zweiten Bands, entwickelt sie aus einer poetisch dichten Chronologie der Emanzipation eine neue Mythologie weiblicher Stärke: „Du bist eine selbstbewusste Dichterin / auf deinem Finger brechen Kometenbahnen“.

Sasja Janssens (geboren 1968 in Venlo, Niederlande) jüngste Gedichtbände„Virgula“ und „Mijn vader zegt entropie mijn moeder logica“ (Querido 2021 und 2024) wurden jeweils ausgezeichnet mit dem Awater-Poesiepreis. In „Virgula“ adressiert das lyrische Ich das Komma, lateinisch Virgula, als Muse und Freundin. Getrieben durch das Komma gehen Janssens Gedichte voran, füllen die innere Leere Satz um Satz und können das unvermeidliche Ende doch nur verschieben: „Ich sehne mich nach einem Punkt, aber meine Virgulas zögern, / ihn zu setzen“.

Helen Mort (geboren 1985 in Sheffield, UK) ist eine der vielseitigsten und versiertesten Dichter:innen ihrer Generation. Sie veröffentlichte Lyrik, Prosa und Sachliteratur über so unterschiedliche Themen wie Windhunde, Laufen, bergsteigende Frauen, britische Pubs und Mutterschaft. Zuletzt erschien „The Illustrated Woman“ (Chatto & Windus 2022), ein bemerkenswerter Band über (tätowierte) weibliche Körper und wie sie sich entgegen äußerer Erwartungen selbst entwerfen. „Es ist, als hätte sie / sichergestellt, dass nicht ein Fleckchen bleibt, / an dem sie berührt werden könnte.“

Stella Nyanzi (geboren 1974 in Jinja, Uganda) ist Dichterin, feministische Aktivistin und Medizinanthopologin. In ihren Gedichten kritisiert sie scharf die Menschenrechtsverletzungen unter Diktator Yoweri Museveni und wurde dafür in Uganda mehrfach inhaftiert. Seit 2022 lebt sie im Exil in München. Ihre Protestform der „radical rudeness“ findet sich auch in ihren Gedichten wieder, die unter dem Titel „Im Mundexil“ (Verlag Das Wunderhorn 2025) erschienen sind: „Ich komme nach Hause zurück, / Um Yoweri mit meinem spitzen / Bleistift in den Arsch zu ficken.“

Rachel Zucker (geboren 1971 in New York City, USA) schreibt in ihren Essays und Gedichten, zuletzt in „SoundMachine“ und „The Poetics of Wrongness“ (Wave Books 2019 bzw. 2023), aus autofiktionaler Perspektiver über ihre Mehrfachrolle als Autorin, Dozentin und Mutter. Eine Poetik der Unterbrechung, der Fehlbarkeit und Unmittelbarkeit ist ihren Texten eigen, die die ethische Gratwanderung des Schreibens über das eigene Leben und Umfeld miteinschließt. „Wie lange braucht es, eh man merkt, das [sic] etwas falsch ist mitten in der Falschheit“.

 

Gefördert durch: Instituto Cervantes Berlin, Nederlands Letterenfonds, Traduki
Die Veranstaltung findet im Großen Parkett der Akademie der Künste statt.

Veranstalter