Uwe Jahn wurde 1964 im Wendland geboren. Sein journalistisches Handwerk lernte er als Regionalreporter in Brandenburg; heute lebt er in Berlin und arbeitet als Hörfunkredakteur für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. In den frühen neunziger Jahren beschäftigte er sich intensiv mit Zeitzeuginnen des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück für Radiofeatures im ORB und im Deutschlandfunk. Als Reporter reiste er sieben Jahre lang durch Brandenburg und erlebte in unzähligen Gesprächen mit Bürgern der untergegangenen DDR seine ganz persönliche Deutschstunde. 1995 gab Jahn die Autobiografie des Kölner Kunstsammlers Hermann Götting heraus ("Die Figur dazu hab ich", edition diá). 1997 erschien ein Text von ihm im Stadtführer "Homopolis" (Jackwerth Verlag). Außerdem publizierte Jahn in mehreren Anthologien beim Deutschen Taschenbuch Verlag, so 1999 in "Deutschland mein Land", ebenfalls 1999 in "Schluss mit dem Jahrtausend" und 2004 in "Alles Gute kommt von oben?". In den letzten Jahren hat er Glossen, Erzählungen und Essays in der Wochenzeitung 'Freitag' und in der Zeitschrift 'Männer' veröffentlicht. Im Herbst 2008 ist sein Erzählungsband "Weit raus" im Männerschwarm Verlag erschienen.
"Weit raus", Männerschwarm Verlag 2008
Die Erzählungen im Telegrammstil
Weit raus
Sommer an der Ostsee. Schwimm nicht so weit raus, sagt
Monika. Sie ist Sönkes Mutter, eine exzentrische Malerin, die
bessere Zeiten gesehen hat. Ihr Sohn und sein Freund Thomas
suchen Erholung auf dem mütterlichem Anwesen. Sönke will für
Mutter und Liebhaber sorgen. Er hat Migräneanfälle, Monika
eine schöpferische Krise, Thomas fürchtet die Einsamkeit und
den Tod. Die Spannung entlädt sich mit einem gewaltigen
Gewitter. Danach scheint alles so friedlich. Sönke schwimmt.
Weit raus.
Nordlicht
Kurz nach Weihnachten. Martin leidet. Sitzen gelassen und
tränenblind. Sein Busenfreund hat das Jammern satt und
schickt ihn nach Norwegen. Zu einem Männerpaar. Arne mag
den Besuch aus Deutschland nicht so, Ove dagegen sehr.
Draußen fällt Schnee. Während Martins Starre sich zu lösen
beginnt, denkt Ove daran zu verschwinden, ehe seine Gefühle
für Arne es tun. Die Männer fahren Ski, sehen Polarlichter und
unternehmen nächtliche Fahrten im Pferdeschlitten. Eigentlich
ganz romantisch.
Halbwahrheiten über Joachim
Draußen geht der Sommer zur Neige als der Ich-Erzähler und
Joachim sich durch einen Zufall wiedersehen. Auf der Bank vor
dem Haus sitzen zwei alte Männer und fürchten den Winter. Der
Erzähler versucht immer noch herauszufinden, woran seine
Freundschaft zu Joachim gescheitert ist. Sie versuchen eine
Wiederannäherung. Die beiden Alten frösteln und gehen rein.
Augustliebe
Liebe auf den ersten Blick. Prompt läuft ein Vogel mit dem Kopf
voran den Baum herunter. Mitten in einem starken August,
voller Wehmut, Sehnsucht und Gier. Auch der Schmerz ist ein
Gefühl, er macht uns wach und – wenns gut läuft – stärker.
Zum Beispiel für einen Winter allein.
Henri hat Aids
Dieser Satz plumpst in einen Märznachmittag auf dem Land.
Henris Geschichte lässt die Eltern kalt, Lars, ihr Sohn, wünscht
sich zurück in die Stadt und er will einen Freund haben. Beides.
Schnell.
Socken anziehen
Es gibt Menschen, die wollen einfach nur allein sein. Hat die
Garbo gesagt. Steffen, der Held der Geschichte, hat seine
eigene Methode. Er verschwindet für Minuten aus der Welt.
Verliert sich in Gedanken oder im Nichts, man weiß es nicht
genau. Morgens, wenn er Socken anzieht. Sein Freund kommt
ihm auf die Schliche.
Hellblauweiß
Stell Dir vor: Dein bester Freund wird gefunden. Tot und
besudelt in einem fremden Bett. Keiner weiß, wie er dort
hingekommen ist. Und was das Schlimmste ist: Du auch nicht.
Der blaue Teppich
Es gibt so Erkenntnisse, auf die Peter auch verzichten könnte.
Zum Beispiel, dass er im Schatten seines Freundes steht. Oder
dass der Mann, mit dem er gerade schläft, ihn gar nicht meint.
Das alles an einem Abend mit Ehekrach und Partylärm – und
eben einem dritten Mann. Gutgewachsen übrigens, was ihm
auch nicht nützt. Am Schluss liegt ein toter Mann im Hof und
der blaue Teppich im Wohnzimmer. Alles klar?
Via oscura
Es gibt Männer, die haben einen feuchten, schweren Blick und
wenn sie dann noch seufzen, hat das etwas sehr
Beunruhigendes. Christian begegnet so einem Mann. Immer
wieder. Er lässt es auf einen Seitensprung ankommen und das
geht anders aus als er dachte. Die Geschichte spielt in einem
ligurischen Bergdorf. Haben Sie schon mal irgendwo einen
gleichgeschlechtlichen Heiratsantrag gelesen? Na dann wird es
vielleicht Zeit.