Ich stamme aus Stollberg im Erzgebirge und bin in Chemnitz (damals Karl-Marx-Stadt) aufgewachsen. Meine Familie hat ungarndeutsche Wurzeln. Meine Schulzeit im Plattenbaugebiet "Fritz Heckert" war eher rauh. Zum Lieblingsfluchtort wurde für mich die Bibliothek im mittlerweile längst abgerissenen "Versorgungszentrum", wo ich Don Quijote, Tom Sawyer und die Musik amerikanischer Jazzlegenden entdeckte.
In den Neunzigerjahren gelang mir der Aufbruch: ich verbrachte eine Zeitlang in Frankreich und studierte anschließend Fernsehjournalismus im Mittleren Westen der USA. Ich schätzte die Atmosphäre der Ermutigung an der Uni: jeder durfte ausprobieren, was er oder sie wollte. Mein Masterfilm "Tales of Faith" porträtierte charismatische Kirchengemeinden im ländlichen Raum, darunter eine Kirche für mexikanische Wanderarbeiter. Dem Studium folgten zwei Jahre Los Angeles. Ich hatte mich auf Videoschnitt spezialisiert und arbeitete u.a. für den Musiksender VH-1 und für die in den Universal Studios produzierte Musikshow "Farmclub.com", in der von Eminem über Kid Rock und Beck bis hin zu Destiny's Child alle auftraten, die um die Jahrtausendwende in der amerikanischen Musik Rang und Namen hatten. Das Arbeitsklima war locker-flockig, und das Wetter in L.A. ... nun ja, meistens fantastisch :-)
Ein bisschen von dieser Unbeschwertheit muss an mir haften geblieben sein, denn als ich Jahre später beim MDR Fernsehen in Leipzig anfing, sagte mir der Chef nach ein paar Tagen, "Wir sind hier nicht so oberflächlich wie in Amerika!" War ich zu gut gelaunt gewesen, zu grundlos fröhlich in Ton und Auftreten für eine öffentlich-rechtliche Sendeanstalt?
In L.A. hatte ich begonnen, kleine Skizzen zu schreiben, Beobachtungen des vor allem von hispanischen Einwanderern geprägten Alltags in meiner Nachbarschaft. Ein Abendkurs in "Creative Writing" an der University of Los Angeles zündete: plötzlich wurde eine Zukunft als Schreibende denkbar. Über London zurückgekehrt nach Deutschland, begann ich ein Studium am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Ich musste meine Schreibsprache wechseln, vom Amerikanischen in die Muttersprache. Die Seminare bei Josef Haslinger, Hans-Ulrich Treichel und Juli Zeh bleiben in guter Erinnerung. Erste Kurzgeschichten, Erzählungen und Gedichte erschienen. Ich wurde u.a. Stipendiatin der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen und des Klagenfurter Literaturkurses. Meine Kurzgeschichte "Turteltauben am Beckenrand" holte den Publikumspreis des MDR Literaturwettbewerbs. Mein Roman "Die Reise des Guy Nicholas Green" erschien 2014 im Osburg Verlag; die Erzählung "Das Weiße Album" 2015 im Digitalverlag frankly. 2019 übertrug ich für den Verlag Voland & Quist den englischsprachigen Roman "Puschkins Erben" von Svetlana Lavochkina ins Deutsche.
In meinem Schreiben habe ich oft die postsowjetische Welt thematisiert. Sie gehört zu mir, trotz aller westlichen Erfahrungen. Ebenso zu mir gehören die familiäre Bindung zu Ungarn, mein Interesse für Japan (ich habe eine Schwägerin von dort) und die Schweiz (mein Lebenspartner) und überhaupt, nach wie vor, trotz gestiegenem Bedürfnis nach Ruhe und Rückzug, die Begeisterung für spontane Begegnungen mit Menschen von überall her.
AUSWAHL: 2019 Arbeitsstipendium des Deutschen Übersetzerfonds // 2018 Literaturpreis "Der Weiße Rabe" für die beste Erstveröffentlichung in der Literaturzeitschrift SIGNUM // 2016 Aufenthaltsstipendium der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen in Pécs // 2015 Lesereise Nordrussland auf Einladung des Goethe-Instituts St. Petersburg // 2010 Publikumspreis des MDR Literaturpreises // 2009 Stipendiatin der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen // 2006 Stipendiatin des Klagenfurter Literaturkurses