Gabriel Wolkenfeld, 1985 in Berlin geboren und aufgewachsen, studierte Germanistik, Russistik sowie allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft in Potsdam. Längere Studien- und Arbeitsaufenthalte führten ihn nach Estland, Russland, in die Ukraine und nach Israel. Er organisierte ukrainisch-deutsche Jugendbegegnungen. Freiberuflich ist er als Lehrer für Deutsch als Fremdsprache tätig. In regelmäßigen Abständen bietet er für deutsche Muttersprachler:innen sowie Menschen mit Deutsch als Fremdsprache Schreibwerkstätten an, u.a. im Auftrag der Berliner Volkshochschulen. Gelegentlich ist er als Lektor tätig und verfasst Rezensionen zu belletristischen Werken, u.a. für Sissy. Seit 2013 veröffentlicht er Lyrik und Prosa in diversen Anthologien. Zu seinen Gedichten fertigt Wolkenfeld gelegentlich Bildcollagen an.
In seinem Debütroman "Wir Propagandisten", 2015 erschienen, widmet sich der Autor der queeren Szene in der russischen Großstadtprovinz: Jekaterinburg liegt zu Füßen des Ural am östlichen Rand Europas. Dorthin reist im Jahr 2013 ein junger deutscher Slawist, um russische Studenten in deutscher Sprache und Kultur zu unterrichten. In einer Welt, die auf kafkaeske Weise im 19. Jahrhundert steckengeblieben zu sein scheint, ist der deutsche Gast eine echte Attraktion, fragt ihn doch jeder: Warum, um Gottes willen, kommst du freiwillig nach Russland? Erst recht als Schwuler – zu einer Zeit, als die Duma "homosexuelle Propaganda" per Gesetz verbieten will? Der Roman "Wir Propagandisten" erzählt, was dem deutschen Gast im Laufe eines Jahres in Russland widerfährt.
Für sein Projekt "Fußspurversuche" schreibt Wolkenfeld lyrische Porträts der Städte, die er bereist. Dabei handelt es sich gleichsam um Momentaufnahme und Milieustudie, Anekdote und Kommentar, Collagen ganz unterschiedlicher Orte, Zeiten und Personen. „Sandoasen“, 2021 erschienen, ist ein Streifzug durch Israel. „Nebelatlas“ (2023) ist der Ukraine gewidmet.
In seinem Roman "Babylonisches Repertoire" (2021) erzählt Wolkenfeld die Geschichte einer jüdischen Familie über drei Generationen und Ländergrenzen hinweg, einsetzend in Litauen vor dem Krieg über Usbekistan und Sowjetrussland bis ins Israel der Gegenwart: Weil der 86-jährige Avigdor Seliger nicht mehr spricht, steckt ihn seine Tochter Hannah in ein Altersheim. Die Ärzte sind sich nicht sicher: Verirrt sich der Mann allmählich in den Nebeln der Demenz oder verweigert er das Sprechen bewusst? Weil Enkel Yair fürchtet, der Großvater könnte seinen Bezug zur Realität verlieren, erzählt er ihm jene Geschichten, die der Senior während der Schulferien am See Genezareth einst ihm erzählt hat.