Ondřej Cikán wurde 1985 in Prag geboren, lebt seit 1991 in Wien, ist mehrsprachiger Autor, Übersetzer, Altphilologe, Verleger und Regisseur. Im Jahr 2002 gründete er gemeinsam mit dem Wiener Autor Anatol Vitouch die Literatur-, Film- und Theatergruppe "Die Gruppe", die sich den Errungenschaften des Surrealismus und des tschechischen Poetismus verbunden fühlt. Im Jahr 2018 gründete er gemeinsam mit Anatol Vitouch den auf poetische Übersetzungen spezialisierten Verlag "Kētos" und rief mit ihm den Musismus aus. 2023 erhielt er den Österreichischen Staatspreis für literarische Übersetzung.
Während seines Studiums des Altgriechischen spezialisierte er sich auf die blutigen und erotischen Liebes- und Abenteuerromane der Spätantike. Von diesen ist sein erster Roman "Menandros und Thaïs" inspiriert, der in Co-Regie von Ondřej Cikán und Antonín Šilar in tschechisch-österreichischer Koproduktion abendfüllend verfilmt worden ist und 2016 am Prager Internationalen Filmfestival Febiofest Weltpremiere gefeiert hat. Seine Masterarbeit war ein Rekonstruktionsversuch des verschollenen Romans "Das Unglaubliche jenseits von Thule" von Antonios Diogenes. Seine begonnene Dissertation über die byzantinischen Abenteuerromane des zwölften Jahrhunderts, für die er das DOC-Stipendium der Österreichischen Akademie der Wissenschaften erhielt, hat er aufgrund zahlreicher Buchprojekte und Kinder noch nicht abgeschlossen.
Cikán adaptiert tschechische und antike poetische Konzepte fürs Deutsche, darunter tschechische Genre des Zonengedichts, das aufgrund seiner Assoziationsketten eine Art moderner Epik darstellt und sich zugleich für Liebesgedichte eignet. Für Aufsehen sorgten seine Übersetzungen des tschechischen (absolut unnationalistischen) Nationalgedichts "Mai" von Karel Hynek Mácha, des monumentalen "Blutigen Romans" von Josef Váchal sowie die gemeinsam mit dem Gräzisten Georg Danek besorgte Übersetzung des antiken Romans "Daphnis und Chloë" von Longos.
Im Dezember 2023 wurde Ondřej Cikán der Österreichische Staatspreis für literarische Übersetzung zuerkannt.
"Die Jury hob insbesondere Cikáns Übersetzungsstil hervor, der selbst bei den komplexen Originaltexten von besonderer Sprachgewandtheit zeugt. Außerdem wurde auf seine Fähigkeit hingewiesen, auf beständig souveräne Art und Weise Übersetzungen aus verschiedensten Textgenres – von Romanen über experimentelle Novellen bis hin zu moderner Lyrik – zu meistern."
"Es ist angesichts allgegenwärtiger Relativierungen ein schönes Gefühl, beim Lesen sogleich Gesang zu vernehmen, den Rhythmus, die Töne, die poetischen Bilder Ondřej Cikáns." Michael Stavarič, Der Standard.
"Ondřej Cikán schnitzt unermüdlich grell-monströse Mythologien, losgesprengt von Zeit(geist) und Raum, und das in Bildern von brachialer Schönheit." Pia Reiser, ORF.
"[Wenn man den 'Mai'] zu lesen beginnt, in dieser frischen und wunderbarst klangvoll daherkommenden Übertragung, versteht man umso mehr, warum das Werk eine so hohe Wertschätzung erfahren hat und in seinem Reichtum an Bildern so manchen Surrealisten in Tschechien sogar zum Vorbild wurde." Wolfgang Schiffer über Cikáns Übersetzung des "Mai" von Karel Hynek Mácha.
"[...] Ondřej Cikán stürzt sich wagemutig und wortgewandt in die pure Fiktion – das mag ich. Ein guter Einstieg in seine wilde Welt ist 'Menandros und Thaïs'. Darin haucht er dem altgriechischen Schundroman mit einer geballten Ladung Liebe, Nymphomanie, Entführung, Gemetzel und Hexerei neues Leben ein: 'Pulp Fiction' im Gewand von Odysseus. Chapeau!" Open-Mike-Gewinner Matthias Senkel über den Roman "Menandros und Thaïs" (Maxi, Juli 2012, S. 132).
"[Ondřej Cikán] ist es gelungen, den Stoff des Märchens 'Prinz Bajaja' von Božena Němcová in eine wunderbar klangvolle und leichtfüßige Versform zu hüllen. Mit viel Feingefühl, Witz und Charme erschafft er einen kleinen Wortzauber [...], so dass der Leser achtgeben muss, die Verse nicht allzu schnell zu verschlingen." Franziska Neudert über das Gedicht "Prinz Aberjaja" (Prager Zeitung vom 19.12. 2013).
Kommende Lesungen
BRÜNN Buchmesse
15.–16.3. 2025: Knižní lázně Brno: KUMST, Údolní 19, Brno
Čtení / Lesung:
15.3. 2025, 17:00, KUMST
>>> O překladech české poezie
LEIPZIGER Buchmesse
Halle 5, Stand H306
27.–30.3. 2025
Lesungen / Čtení:
Freitag 28.3. 11:00–11:30
Messestand IG Autorinnen Autoren (Halle 4, E209)
>>> Ondřej Cikán / Konstantin Biebl: Ananas
Samstag 29.3. 12:00–13:00
CZECHIA (Halle 4, E301)
>>> Cikán / Biebl / Nezval / Kocourek / Ciprysová: Von Prag nach Jakarta
Sonntag 30.3. 12:00–12:30
Globale Perspektiven (Halle 4, E305)
>>> Ondřej Cikán / Josef Kocourek: Frau (Surrealistischer Sozialroman)
Sonntag 30.3. 13:30–14:00
Café Europa (Halle 4, E401)
>>> Martina Lisa / Jana Černá: Kollektive Einsamkeit (Prosa über Diktaturen)
MAINZ Buchmesse
30.5.–1.6. 2025, Mainzer Minipressen-Messe
MARIÁNSKÉ LÁZNĚ Buchmesse
21.–22.6. 2025, Knižní lázně