Geboren und aufgewachsen bin ich in Hamburg als drittes Kind bosnisch-kroatischer Eltern. Ich habe nie woanders gelebt. Zugezogene, die um den halben Globus reisen, bloß um hinterher festzustellen, dass sie es in Hamburg am schönsten finden, bestätigen mich immer wieder darin, dass es klug war, sich all die Flugmeilen zu sparen. Seit ein paar Jahren bin ich auch wieder in meinem Stadtteil Dulsberg heimisch. Zwei von drei Hamburgern kennen Dulsberg nicht, der dritte findet es auf keiner Karte. Auch das ein guter Grund, hier zu leben.
Als Jugendlicher war ich Schulschwänzer und bin zwei Mal sitzengeblieben. Über den Umweg Tourismus ("Zur Stadtrundfahrt! Zur Stadtrundfahrt!") bin ich an mein Studium Sozialarbeit in Hamburg gekommen. Ich sage immer: "Ich habe den Studiengang bloß deshalb gewählt, weil der am allerwenigsten mit Mathematik zu tun hatte." Weil ich leider oft vergesse, dabei zu lächeln, während ich Witze erzähle, denken die meisten Menschen, ich meine das ernst.
Meinen ersten Roman, Pussykiller, habe ich zum Ende des ersten Semesters begonnen. Ich hatte die Wahl, entweder für die Prüfungen zu lernen, staubzusaugen oder eine Geschichte zu schreiben. Die Geschichte hat einen knappen Sieg gegen das Staubsaugen davongetragen. Später erfuhr ich, dass es für diese Art des Vermeidungsverhaltens die Bezeichnung "Prokrastination" gibt.
Eigentlich sollte der erste Textentwurf auch bloß ein solcher bleiben, aber dann kamen immer weitere Textentwürfe hinzu und nach einem halben Jahr hatte ich einen Roman. Was ebenfalls sehr salopp klingt und ebenso voll und ganz der Wahrheit entspricht: Ich fertigte ein Exposé an, versah es mit einer Leseprobe und schickte die Unterlagen an neunzehn deutschsprachige Verlage - einer davon, der erstaunliche, aber leider nicht mehr existente Verlag Rogner & Bernhard, interessierte sich dafür und brachte Pussykiller im Herbst 2009 heraus. Ich habe mir sagen lassen, dass unverlangt eingesandte Manuskripte nur sehr, sehr selten zu einer Veröffentlichung führen.
Mit meiner nächsten Geschichte hatte ich weder bei Verlagen noch bei Literaturagenturen Glück, es kam zu keiner zweiten Veröffentlichung. Ich beendete stattdessen mein Studium und fand eine Arbeit, hatte also Wichtigeres zu tun. Das Schreiben gab ich nicht auf, so dramatisch bin ich nicht, aber ich verfolgte es auch nicht mehr sehr intensiv.
In 2018 beschäftigte ich mich mit Selfpublishing. Das führte dazu, dass ich einen neuen Entwurf meines Romandebüts Pussykiller anfertigte. Es war eigentlich bloß als Fünf-Finger-Übung gedacht; ein anderer, reiferer, reflektierterer Blick auf die Ereignisse, die in der Geschichte stattfinden, die Möglichkeit, sich auszuprobieren, eine Art Lagebesprechung mit mir selbst - wo stehe ich heute mit meinem Schreiben? Ich schrieb ein halbes Jahr daran und veröffentlichte die neue alte Geschichte unter dem Titel Karussell 2019 - genau zehn Jahre nach meinem Debüt - bei Books on Demand. Ich versuchte es damit gar nicht erst bei richtigen Verlagen, die viele Arbeit ersparte ich mir - die Geschichte mehrmals zu überarbeiten, einen halbwegs anständigen Buchsatz zu erstellen, ein ansprechendes Cover zu gestalten und das alles dann noch hochzuladen, war mir Mühe genug. Mit dem Ergebnis bin ich mehr als zufrieden.
Ich liebe Schreiben, deshalb könnte ich es wahrscheinlich nie zu meinem Beruf machen. Ich stelle es mir so vor, dass ich auf Knopfdruck kreativ sein müsste und das passt nicht zu mir, schlimmer noch: es würde mir die Freude am Schreiben kaputt machen.
Selfpublishing, so schlecht sein Ruf nach wie vor auch sein mag, bietet in meinen Augen nicht-professionellen Schreibern die fantastische und kostbare Möglichkeit, zu schreiben UND hinterher auch zu veröffentlichen, etwas, was es lange Zeit nicht gab, und es kann Menschen, die gerne schreiben wollen, aber bisher demotiviert waren, weil ihnen die winzigen Chancen einer Veröffentlichung bei einem Verlag bewusst sind, helfen, diese "Hürde" der nur scheinbaren Sinnlosigkeit ihres Schreibens zu nehmen.