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Der Edelstein im Brandenburgischen Kurhut

Informationen

Literaturangabe:

Grässe, Johann Georg Theodor
Sagenbuch des preußischen Staates, Glogau 1868

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Der Edelstein im Brandenburgischen Kurhut

Der Edelstein im Brandenburgischen Kurhut

Als der Burggraf Friedrich von Hohenzollern auf seiner Burg die Boten des Kaisers empfangen hatte, welche ihm verkündeten, daß ihn derselbe zum Kurfürsten gewählt habe und er nach Kostnitz kommen sollte, wo ihn der Kaiser mit der Kurwürde belehnen wolle, da trat in der Mitternacht desselben Tages, als er schlaflos auf seinem Bett lag, eine wunderbare Erscheinung vor ihn, ein liebliches Wesen, halb Jungfrau halb Kind, ganz so wie uns die Engel geschildert werden, und verkündigte ihm des Glückes viel und Sieg in der Schlacht, reichte ihm auch einen wunderbar in allen Farben des Regenbogens schimmernden Karfunkelstein und hieß ihn, sich mit diesem zu schmücken, darauf verschwand sie. Als aber der Morgen anbrach, glaubte der Burggraf fest geträumt zu haben, allein vor ihm lag der bewußte Stein, doch leuchtete er nicht mehr in heller Farbenglut wie die Nacht zuvor, sondern war trübe und glanzlos. Doch Friedrich warf ihn nicht verächtlich weg, sondern schloß ihn zum Andenken an das nächtliche Gesicht sorgsam in seine Truhe ein. Nach manchem schweren Streit war endlich der Tag gekommen, wo er im festlichen Schmuck in seine gute Stadt Berlin einziehen sollte, siehe, da zeigte es sich, daß von den Diamanten, welche den Kurhut schmücken, der kostbarste verlorengegangen war, da erinnerte sich der Kurfürst des Steines, den er in jener Nacht von dem Engel zum Geschenk erhalten hatte. Er holte ihn aus seiner Truhe hervor und versuchte, ob er in die Lücke passe, und siehe, kaum hatte derselbe den Hut berührt, da saß er so fest, daß man ihn nicht mehr drehen oder wenden konnte, und auf einmal leuchtete er so hell wie keiner der ändern Edelsteine um ihn. Jener Stein aber ist von da an als Talisman vom Vater auf den Sohn als das kostbarste Stück der Brandenburgischen Krone fortgeerbt.

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