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Der Werbellin

Informationen

Literaturangabe:

Schäfer, Gustav
Die Mark und Berlin im Spiegel der Dichtung, Berlin 1926

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Der Werbellin

Der Werbellin

Wie ein Gottesauge glänzet,
drüber dunkle Brauen glühn,
liegt, von Wald und Berg umkränzet,
märchenhaft der Werbellin.

Und das Nebelkind, die Sage,
schmücket ihn mit Blüt? und Kranz;
längst vergeßne schöne Tage
steigen auf in vollem Glanz.

Auf der Flut in Abendfeier
schwimmt ein Schifflein sonder Eil?;
braungelockten Haars am Steuer
lehnet Otto mit dem Pfeil.

Hedwig, seines Herzens Minne,
schaut ihn blauen Auges an,
und es geht ihm durch die Sinne,
was sie einst für ihn getan,

wie sie ihn aus Haft und Banden
einst befreit durch Mut und List . -
Fürst und Held er seinen Landen,
Dichter ihr geworden ist.

Lieder tönen, Harfen klingen,
und ein Stern vom Himmel fällt.
Ferner, ferner schallt das Singen -
oh wie schön ist doch die Welt!

Well? auf Welle schäumt zur Stunde,
Mond vollendet seinen Lauf;
aus versunkner Stadt im Grunde
läuten Glocken dumpf herauf.

Wie ein Gottesauge glänzet,
drüber dunkle Brauen glühn,
liegt, von Wald und Berg umkränzet,
märchenhaft der Werbellin.

Wald und See im Wolkendunkel,
trägen Flugs ein Weihe dort.
Stille rings - dann Sterngefunkel,
und die Glocken läuten fort.

[Friedrich Brunold (eigentl. August Ferdinand Meyer, 1811 - 1894), Lehrer, Heimatdichter, Lyriker, Erzähler, kam ca. 1834 nach Joachimsthal und war hier bis 1879 im Schuldienst.]

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