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Die beiden Seiltänzer auf dem Gendarmenmarkt

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Die beiden Seiltänzer auf dem Gendarmenmarkt

Die beiden Seiltänzer auf dem Gendarmenmarkt

Zur Zeit Friedrichs des Großen lebte in Berlin ein Seiltänzer, der die Leute durch seine Künste oft ergötzte. Da kam eines Tages ein Franzose angereist, der jenem den Ruhm streitig machen wollte und öffentlich ausrufen ließ, er verstehe seine Sache besser als jeder andere. Das hörte auch der Alte Fritz, und da gerade die Türme der beiden Kirchen auf dem Gendarmenmarkt fertig geworden waren, ließ er von der Spitze des einen bis zu der des ändern ein Seil spannen und befahl, daß die Künstler nun zeigen sollten, wer der geschicktere sei. Beide stiegen gleichzeitig auf das Seil, der Franzose an dem einen Ende, der Berliner am ändern. Dann schritten sie aufeinander zu. Als sie aber in der Mitte zusammentrafen, wußte anfangs keiner, wie er am ändern vorbeikommen sollte. Endlich sagte der Berliner: "Duck dich, Franzose!", schwang sich hurtig über den Gegner fort und erreichte glücklich den ändern Turm. War nun das Seil zu sehr ins Schwanken geraten oder hatte der Franzose bei dem Jubel des Volkes die Geistesgegenwart verloren - genug, er verlor das Gleichgewicht, stürzte ab und brach den Hals.

Seitdem nannten nun die Leute die Kirche, bei welcher der Franzose seinen Marsch begonnen hatte, den "französischen", und die andere den "deutschen Dom". Und das war ganz richtig; denn im französischen Dom war schon vordem für die in Berlin lebenden Franzosen Gottesdienst abgehalten worden.

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