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Die Brandfichte bei Freienwalde a. d. Oder

Informationen

Literaturangabe:

Denk, Ernst-Otto
Karl Weise - ein Heimatdichter des Oberbarnim, Frankfurt (Oder) 1989

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Die Brandfichte bei Freienwalde a. d. Oder

Die Brandfichte bei Freienwalde a. d. Oder

Zur Jungfrau im Büßergewande sprach
Im wilden, wutschnaubendem Grimme
Der Richter mit donnernder Stimme:
?Verworfne, Du hältst mit dem Teufel Gelag,
Verführst für ihn Seelen! - O Schande und Schmach!
Verworfne, jetzt wirst Du bekennen,
Sonst sollst Du zu Asche verbrennen!"

?Ich bin mir nicht Schmach und nicht Schande bewußt.
Hört´s, die Ihr mich gräßlich beschuldet:
Viel hab´ ich der Trübsal erduldet,
Doch nimmer gefrevelt in sündiger Lust;
Vor Gott und den Menschen erheb´ ich die Brust
Und rufe: Ich kann nichts bekennen,
Und müßt´ ich zu Asche verbrennen!"

?Verworfne, Du leugnest? Der Henker heran!"
Der streckt sie zur Folterbank nieder.
Da ruft sie beim Brennen der Glieder:
?Barmherziger Himmel! Dich rufe ich an!
O Schmerzen! Halt, Henker! ich hab es getan!
Ich stand mit dem Teufel im Bunde
Und dient´ ihm zu jeglicher Stunde."

?Du magst es bereuen in Kerkernacht!
Dort harre des Endes in Qualen!
Du sollst sie uns schrecklich bezahlen,
Sie, die Du verlockend der Hölle vermacht!"
Bald sieht sich zum Richter das Opfer gebracht,
Bald hört sich zum Tod in den Flammen
Die bebende Jungfrau verdammen.

?Verworfne, vollende! der Henker hervor!"
Der schleift sie im Schauergepränge,
Begleitet von tobender Menge,
Ihr Haar um die Fäuste, durch Gassen und Tor,
Er treibt sie und stäupt sie den Hügel empor,
Aufs Brandholz, zum Viereck geschichtet,
Sind Tausender Blicke gerichtet.

Sie trocknet vom Munde den blutigen Schaum
Und bückt sich am letzten der Steige
nach einem vertrockneten Zweige:
?So wahr ich dich pflanze, so wahr du als Baum
Hier, wo ich vollende, einst schattest den Raum,
So wahr sterb´ ich ledig von Sünden,
Du wirst es der Nachwelt verkünden!"


Hoch lodert´s und prasselt´s auf grünem Plan,
Das Opfer umzucken die Flammen,
Schnell sinkt es zu Asche zusammen,
Und Tausende jubeln im finsteren Wahn,
Die frei von der Hölle Gefährtin sich sah´n;-
Nicht Volk, und nicht Richter bestritten,
Daß schuldlos die Jungfrau gelitten.

Kaum hatte ihr Leiden der Tod gestillt,
Da grünte zu Aller Schmerzen
Das Zweiglein. Da weinten die Herzen.
Mit Zweigen betrat man das Totengefild,
Wo nächtlich noch wallt der Geopferten Bild;
Das Zweiglein der Trauergeschichte
Erwuchs dort zur herrlichsten Fichte.

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