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Die Wendenschlacht bei Potsdam

Informationen

Literaturangabe:

Reinhard, Karl von
Sagen und Märchen aus Potsdam´s Vorzeit mit Ergänzungen von Wilhelm Riehl, Potsdam 1869

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Die Wendenschlacht bei Potsdam

Die Wendenschlacht bei Potsdam

Nachdem durch Otto III. die wendischen Völkerschaften zwischen der Elbe und Oder wieder besiegt und unter seine Botmäßigkeit gebracht waren, suchte dieser auf jede Weise das Christentum unter ihnen zu verbreiten, ließ ihnen aber sonst viele ihrer alten Gerechtsame und Gesetze, wie es auch früher Heinrich der Vogler getan; besetzte die Städte, ließ sich bestimmten Tribut zahlen und verfuhr nur streng bei der Ausrottung des Heidentums. Die fränkischen Kaiser aber, welche auf die sich immer mehr nach Osten hin ausbreitende Macht der Sachsen eifersüchtig waren, ermunterten und unterstützten die Wenden zu neuem Abfall, und es gelang diesen, sich wieder in den Besitz ihrer alten Länder zu setzen; sie eroberten im Jahr 1030 sogar die Feste Brandenburg wieder, wo Heinrich an der Stelle des Triglaf-Tempels auf dem Harlunger Berg die erste christliche Kirche hatte erbauen lassen, die er der Jungfrau Maria weihte.

Als jedoch Lothar aus dem sächsischen Hause Herr von Deutschland wurde, bot dieser alle seine Kräfte auf, um die wendischen Völker wieder unter sein Zepter zu bringen. Wo dies gelang, mußten sie ihren Abfall schwer büßen; sie verloren alle ihre Rechte und wurden mit großer Strenge als aufrührerische Untertanen behandelt; ja es wurde sogar ein Fürst aus deutschem Stamm, Albrecht der Bär, aus dem Hause Askanien, über sie gesetzt, von welcher Zeit an eine neue Ordnung der Dinge in den jetzigen Marken begann.

Das Glück hatte die Wenden verlassen; zwar war ihr Widerstand kühn und hartnäckig, aber in sich uneins, entbehrte er der nötigen Einheit, und so heldenmütig sie auch in den einzelnen Kämpfen den Boden ihrer Väter verteidigten, sie wurden überall zurückgedrängt, und immer mächtiger breiteten sich die Deutschen aus.
Pribislav und Niklot, Söhne des verstorbenen Obotritenkönigs, sahen mit Furcht den Feind sich immer mehr ihren Ländern an der Ostsee nahen; da ergriff Pribislav, ein kühner und tapferer Fürst, die Waffen für die verwandten Stämme; schnell vereinigte sich unter seinen siegreichen Fahnen ein mächtiges Heer, und bald machte er sich zum Gebieter aller Länder zwischen der Ostsee und der Havel; er griff selbst Albrecht an, der vom König zum Markgrafen über die Nordmark (die spätere Altmark) gesetzt war. Dieser aber stellte ihm bald ein kriegsgeübtes Heer entgegen, und das Havelland ist Zeuge manches blutigen Kampfes gewesen. Sosehr nun auch Pribislav verstand, den Vorteil des Bodens in dem von Wasser und Weichland vielfach durchschnittenen Land zu benutzen und so kühn seine Wenden, Ritter und Mannen, fochten, Albrecht der Bär drängte mit seinen besser gerüsteten Streitern immer gewaltiger auf ihn ein. Da zog Pribislav seine ganze Macht zur letzten entscheidenden Schlacht auf dem Potsdamer Werder im Jahr 1136 zusammen.
Rings von den Armen der Havel und tiefen Mooren umgeben, erwartete das Heer schweigend den Angriff. Albrecht mußte sich entschließen, im Angesicht desselben über die Havel zu setzen oder Dämme durch die Sümpfe aufzuwerfen. Er wählte zum Übergang die Stelle am Babelsberg, wo sich noch jetzt eine schmale Landzunge weit in die Havel erstreckt. Mächtige Flöße und zahlreiche Boote waren in der Bucht bei Glienicke zusammengebracht und wohl eingeübt, schnell eine breite Brücke an der Landzunge zu bilden. Durch diesen Angriffspunkt war Pribislav gezwungen, sein Heer auf dem engen Raum zwischen der jetzigen Stadt, dem Heiligen See und der Havel aufzustellen; er konnte dem Angreifer nur die gleiche Front bieten und war verhindert, irgendeine Bewegung auf dessen Flanken zu machen. Sein Rückzug aber, im Fall der Feind siegte, war nur auf den schmalen Landstrichen an beiden Enden des Heiligen Sees möglich.

Nach der Einsegnung des Heeres wurde vor Aufgang der Sonne schnell die breite Floßbrücke aufgefahren, und die Fahrzeuge füllten sich mit Streitern. Ein Teil der Ritter war abgestiegen; in dichter Eisenrüstung schritten sie voran und brachen mit ihren Speeren sich Bahn in den nur leicht geharnischten Haufen der Wenden, die mit Streitäxten, Keulen, Schwertern und Schilden vergeblich ihrem Vordringen sich widersetzten. Bald war Raum um den Landungsplatz gewonnen. Albrecht mit seinen Rittern stürzte sich in den dichtgedrängten Feind, und es entspann sich ein langer, verzweifelter Kampf. Tausende fielen auf dem engen Raum, während von der einen Seite die langen Hörner und das dumpfe Schlachtgeheul, von der ändern die schmetternden Trompeten und der laute Zuruf der Führer die Streiter zu immer neuen Anstrengungen ermunterten. Da sank die heilige Fahne der Wenden, und sie wandten sich zur Flucht. Vergebens bemühte sich Pribislav, diese aufzuhalten. Nach der Stadt zu drängte sich die wirre Masse, dicht hinter sich den mordenden Feind. Hier aber trat ein anderer den Fliehenden entgegen. Albrecht hatte eine starke Schar bei Werder in der Nacht über die Havel setzen lassen, und diese rückte jetzt gegen die Wenden an, in deren Reihen nun von allen Seiten der Tod wütete.
Verzweiflungsvoll sammelten sich um den Wendenfürsten seine Edlen. Die kühne Schar mit den dunklen Augen und schwarzen Locken brach sich Bahn längs den Ufern des Heiligen Sees, um da, wo zum oberen Ende desselben der Graben ihn jetzt mit der Havel verbindet, die Flucht zu versuchen. In der Gegend von Redlitz aber trafen sie von neuem auf den Feind, der auch diesen Ausweg besetzen wollte. Vergeblich strebte der tapfere Fürst, sich durchzukämpfen; die Übermacht war zu groß. Fast alle die Seinen fielen um ihn her, und immer weiter wurde er zurückgedrängt nach der Gegend, woher das Siegesgeschrei der Deutschen erscholl. Da wandte Pribislav, des verlassenen Vaterlandes gedenkend, das hohe starke Pferd nach der Gegend, wo sich, Sa-krow gegenüber, das Ufer am weitesten in die Havel erstreckt, kühn trieb er das schnaubende Roß hinein in die Flut und erreichte schwimmend den sicheren Strand, er allein gerettet von so vielen Tausenden.

Noch jetzt findet man auf dem Schlachtfeld Pfeilspitzen, Waffenstücke und Gebeine in dem weißen Sand, der das Blut der Wenden in der letzten Schlacht trank, und der kreisrunde Erdhügel am Weg nach der Redlitzer Fähre, der Räuberschanze gegenüber, soll das weite Grab ihrer Edlen bedecken.

Bald nachher ergab sich auch die feste Hauptstadt Brandenburg den Deutschen, deren Marken sich nun immer mehr nach Norden und Osten erweiterten.

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