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Die zerbrochene Schütze

Informationen

Literaturangabe:

Kuhn, Adalbert
Märkische Sagen und Märchen, Berlin 1843

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Die zerbrochene Schütze

Die zerbrochene Schütze

Zur Zeit, als die um Lehnin liegenden Dörfer noch Hofdienste auf dem dortigen Amt tun mußten, fuhren einmal ein paar Hofdiener Getreide nach Berlin, und als sie in die Heide kamen, wo es wegen des tiefen Sandes nur etwas langsam ging, blieb der Knecht, der den hintersten Wagen fuhr, etwas hinter den übrigen zurück. Wie er nun so neben dem Wagen dahergeht, hört er auf einmal ein großes Getöse und eine Stimme über sich in der Luft rufen: "Meine Schütze (Brotschieber) ist entzwei, meine Schütze ist entzwei!" Obgleich er nun wohl wußte, daß das die wilde Jagd sei, die über ihm dahinfuhr, war er doch übermütig genug und rief: "Na so komm, ich will sie dir machen!" Kaum hatte er das auch nur gesagt, so saß einer hinten auf seinem Wagen und hielt eine zerbrochene Schütze in der Hand. Nun wurde ihm doch etwas bange, und er wußte im Augenblick gar nicht, wie er den lästigen Gefährten loswerden sollte, doch besann er sich noch zur rechten Zeit und sagte: "I da nehmen wir einen Spahn von der Wagenrunge, damit wollen wir sie schon wieder zusammenkriegen!" Nahm auch gleich sein Messer hervor, schnitt einen tüchtigen Pflock von der Runge ab und trieb den durch zwei Löcher, welche er mit dem Messer in die zerbrochenen Enden gebohrt hatte, und so machte er die Schütze wieder brauchbar. Da sagte jener: "Das hat dich Gott tun heißen, aber nun sollst du auch deine Bezahlung haben!" Sprach´s und legte ihm ein kleines Brötchen hinten auf den Wagen, worauf er verschwand. Darauf fuhr der Bauer seinen Gefährten nach, holte sie auch bald wieder ein, sagte ihnen aber nichts von dem, was ihm begegnet war, und steckte das geschenkte Brot in seinen Kober. In Berlin kehrten sie nun, so oft sie dahin kamen, stets in demselben Gasthof ein, wo sie dann, was sie von den ihnen mitgegebenen Lebensmitteln übrig behielten, gewöhnlich an eine alte Frau, die dahin kam, zu verkaufen pflegten. An diese verkaufte nun der Knecht auch sein geschenktes Brot und kehrte dann nach Hause zurück. Wie er das nächste Mal wieder dahin kam, war auch die alte Frau schon da, die bat ihn, ob er ihr nicht wieder ein solches Brötchen verkaufen wolle, denn das habe ihr doch gar zu schön geschmeckt. Da wurden auch die übrigen Bauern neugierig, und er erzählte ihnen seinen Vorfall; man drang weiter in die Alte und erfuhr von ihr, daß bei jedem Stückchen, welches sie von dem Brot abgeschnitten habe, ein Goldstück heraus gefallen sei. Nun hätte er sein Brot gern wiederhaben mögen, aber es war verzehrt, und er hat auch nie wieder eins bekommen.

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