Hier finden Sie alles rund
um die Literatur Berlins
und Brandenburgs:
Institutionen, Archive,
Bibliotheken, Gedenkstätten,
aber auch heimische Sagen,
Eindrücke klassischer Autoren,
und einen kleinen literatur-
geschichtlichen Überblick.

Werneuchen

Informationen

Literaturangabe:

Schmidt, Friedrich Wilhelm August
Einfalt und Natur: Gedichte, hrsg. von Günter de Bruyn, Berlin 1981

zurück

Werneuchen

Werneuchen
An Friederike Brendel.
Im April 1795.

Wenn?s künftig Jahr um diese Zeit
Vom blauen Himmel nicht mehr schneit,
Wenn vor der Pfarre kleinen Zellen
Der Lindenbäume Knospen schwellen,
Schon hie und da die Frösche quäckern,
Die ersten jungen Lämmer meckern,
Der lockern Erde Frühlingssaft
Steigt in der Birk? und Erle Schaft,
Und Vögel in den Ahornhecken
Die weißen Eierchen verstecken:
Dann kommst du, unsers Glückes froh,
Im Hute von geflochtnem Stroh,
Zu athmen hier voll Veilchenduft
Werneuchens reine Frühlingsluft.
0 Freundinn! tausend Freuden warten
Auf dich in Haus und Hof und Garten:
Im Erkerstübchen schläfst du hier,
Doch nur bis morgens früh um Vier?.
Die Henn? erweckt dich dann vom Schlaf,
Sitzt auf der Pfort?, und kakelt brav.
Auch pfeift und singt mit frohem Sinn
Der Großknecht und die Melkerinn.
Wir tragen dann den Fliesentisch
In unsrer Laube Nußgebüsch,
Um Thee dort von Salbei zu trinken.
Die schrägen Beetenfenster blinken
Am reinen, rothen Morgenstrahl.
Der Kibiz ruft im Binsenthal.
Mit freiem Haar und ungeschnürt
Wird dann im Gartensteig spatziert.
Wer wird so ängstlich sich verstecken
Vor Sonnenbrand und Sommerflecken?
Dann hilfst du gelbe Rüben fegen,
Siehst nach, ob Gäns? und Hühner legen.
Besuchst auch unter?m Dach die Tauben
Mit glattem Hals und blauen Hauben.
An?s Pförtchen lockt die Neugier dich:
Ein Brunnengast erkundigt sich:
Wie weit noch Freienwalde sei;
Auch singt mit warnendem Geschrei
Ein Bettelmann am Wanderstab
Ein Lied vom Delinquenten ab.
Nach Tische kommt im grünen Rock
Ein Pächter mit dem Krückenstock,
Um sich von Holland oder Polen
Die wärmste Neuigkeit zu holen.
Wir wandeln nun mit mäß?gem Schritt
In?s Feld; er nimmt ein Brennglas mit,
Am Schlehdorn, in versteckten Gründen
Die Pfeife, ruhend, anzuzündcn.
Indem man traulich schwatzt, erschallt
Hervor aus schwarzem Fichtenwald
Die breite Holzaxt fleiß?ger Männer
Für Schneidemühl? und Ziegelbrenner.
Die Wachtel schlägt im grünen Korn,
Und fernher tönt ein Jägerhorn.
Hat über Moos und Maulwurfshaufen
Mein Junge müde sich gelaufen:
So steuern wir mit heiterm Blick
Gemach nach unserm Thurm zurück.
Doch wird der Gang noch oft gehemmt
Vom Hirten, der die Schaafe schwemmt.
Vom Bauer, dessen Ackerpferd
Nach Hause mit der Egge kehrt;
Denn wer dich kennt, mag gerne zaudern
In deiner Gegenwart, und plaudern.
Im Flecken eilt am kühlen Abend
Die Jugend uns entgegen trabend,
Wird gern beschenkt und gern geküßt,
Und jede fleiß?ge Frau gegrüßt,
Die hinter?m Zaun im Garten jätet,
Und derben Teig zum Backen knätet.
Den Küchlein auf dem Pfarrhof mengst
Du Brot und weichen Käse, tränkst
Sie vor dem Born aus kleinem Kübel;
Und lüstern schaut die Kräh? vom Giebel.
Auch hast du Fehd? und Spaß genug
Alltäglich um dein Busentuch
Mit unserm großen Puterhahn,
Der helles Roth nicht leiden kann. ?
Doch Frauchen ruft zum Abendessen!
Bei Rührei und Salat von Kressen,
Schafkäs? und Meth und Birkenwasser
Bespötteln wir den reichen Prasser.
Spät schleicht man bis zum Heck hinauf;
Giebt sich im Gehn manch Räthsel auf,
Erzählt von Fee und Zwerg, und lacht,
Und wünscht sich herzlich gute Nacht;
Schläft, o! so sanft und so gesund,
Und hört nicht Horn noch Bauerhund.

1

Schriftsteller mit Bezug zum Text

1

Orte mit Bezug zum Text

1

Literarische Einrichtungen mit Bezug zum Text