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Bettina an Arnim von Arnim, 26. März 1826

Informationen

Literaturangabe:

Vordtriede, Werner (Hrsg.)
Achim und Bettina in ihren Briefen. Briefwechsel Achim von Arnim und Bettina Brentano, hrsg. Von Werner Vordtriede, Frankfurt am Main 1961

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Bettina an Arnim von Arnim, 26. März 1826

Bettina an Arnim

26. März 1826

Lieber Arnim,
soeben habe ich Deinen Brief erhalten. [...] Was nun das Geld anbelangt, so hab ich mir von Savigny welches von dem meinen geben lassen, um das letzte Quartal zu bezahlen, denn mit 84 Taler Staatsschuldschein kann ich nicht 100 Taler Miete bezahlen; mit den andern 80 Talern, die Du mir hier gelassen und die auf 30 zusammengeschmolzen, werde ich ohnedem die Lohngelder der Domestiken und das Ziehen nicht bestreiten. Wenn ich hier einen Platz hätte, wo ich das nötige Geld aufnehmen könnte, das täte mir sehr wohl; indessen lasse ich mir alle Unbequemlichkeit gefallen, lebe so lang Gott will, und sterbe zu rechter Zeit, wo es am Ende einerlei ist, wie man sich durchgeplackt hat; viel schwerer ist es, im Getümmel aller verkehrten Lebensanstalten sich selber nicht zu verlieren oder sich nicht hinreißen zu lassen zu allen Verkehrtheiten, wozu ich auch die rechne, daß man mit solchem Eifer für manches leibliche Bedürfnis sorgt, daß man der Seele oder dem Gemüt aufs Maul schlägt, wenn es einmal muckst und auch etwas verlangt, oder sich selbst so abspannt, daß man nichts mehr verlangt, als was der zufällige Tag mit sich bringt, und nicht ein Glied rühren mag nach etwas Freude und Neues Leben geben dürfen; ich sage Dir dies hier, weil es doch möglich wär, daß Savigny noch über Wiepersdorf käme, um Dich zu einer Reise vielleicht nach Kassel zu engagieren und 10 wollt ich gegen 1 wetten, Du es aus lauter Philisterei abschlügest. Ich habe es nicht zu einem geringsten Kummer anzuschlagen, daß Du aus einem freien, mutigen Staats und Freudenpferd einen schlechten Ackergaul aus Dir machst und Dir nichts gönnst, was Dir am wesentlichsten ist. Nun will ich Dir meine ganze Intrigue mitteilen: ich suche schon die ganze Zeit Savigny zu bewegen, über Wiepersdorf zu reisen, damit Du bewogen werdest, mit ihm zu gehen; ich sage ihm, daß Du große Lust habest, mit ihm nach Kassel zu reisen; nun kann es sehr möglich sein, daß Du aus dummen Gründen Dir diese Freude mißgönnest, die Du Dir und den Freunden schuldig bist; der eine Grund besteht darin, daß es Dir zu entfernt ist, welcher Grund doch dadurch, daß Du ein paar Poststationen weiter reisest ganz gehoben wird, der zweite Grund ist daß Du sagen wirst: bin ich so weit, so möchte ich auch wohl weiter reisen, und da ich dies nicht kann, so lasse ich es lieber ganz bleiben. Dieser Grund, den ich bei Dir zu meinem Ärger schon mehrmals wirksam gefunden, ist ganz dumm; der dritte Grund sind die Kinder, die jetzt dort sind. Wenn Du dem Kampz eine Spezialaufsicht aufträgst, so wüßte ich nicht, was sie groß dadurch entbehrten; wenn Du nur voraus bestelltest, daß sie zu rechter Zeit wieder hergeschickt werden, nebst allem Küchenvorrat, den ich diesmal sehr schnell, bis aufs Brot zu Geld gemacht habe.
Adieu ? Gott gebe Dir gute Lebegedanken, die Deine Seele erheben zu Genuß und Lust.
Bettine

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