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Das Potsdamer Edikt (1685)

Informationen

Literaturangabe:

Beheim-Schwarzbach, Max
Hohenzollernsche Colonisationen, Leipzig 1874

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Das Potsdamer Edikt (1685)

Das Potsdamer Edikt

Wir, Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden usw., tun kund und gegen jedermann hiermit zu wissen:

Nachdem die harten Verfolgungen und rigorosen Maßnahmen, mit denen man bisher in dem Königreich Frankreich wider Unsere, der evangelisch-reformierten Religion zugetanen Glaubensgenossen verfahren, viel Familien veranlaßt, ihren Stab zu versetzen und aus demselben Königreich hinweg in andere Lande sich zu begeben, daß Wir daher aus gerechtem Mitleiden, welches Wir mit solchen Unseren wegen des heiligen Evangeliums und dessen reiner Lehre angefochtenen und bedrängten Glaubensgenossen billig haben müssen, bewogen werden, vermittelst dieses von Uns eigenhändig unterschriebenen Ediktes denselben eine sichere und freie Zufluchtsstätte in allen Unseren Ländern und Provinzen in Gnaden anzubieten und ihnen daneben kundzutun, was für Gerechtigkeiten, Freiheiten und Prärogativen Wir ihnen zuzugestehen gnädigst gesonnen sind, um dadurch die große Not und Trübsal, womit es dem Allerhöchsten nach seinem allein weisen, unerforschlichen Rat gefallen hat, einen so ansehnlichen Teil seiner Kirche heimzusuchen, auf einige Weise zu erleichtern und erträglicher zu machen.

3.
Weil Unsere Länder nicht allein mit allen zu des Lebens Unterhalt erforderlichen Notwendigkeiten wohl und reichlich versehen, besonders auch zur Etablierung allerhand Manufakturen, Handels und Wandels zu Wasser und zu Land sehr bequem ist, also stellen Wir denen, die darin sich werden setzen wollen, vor allen Dingen frei, denjenigen Ort, welchen sie in Unserem Herzogtum Kleve, den Grafschaften der Mark und Ravensberg, Fürstentümern Halberstadt und Minden oder auch in dem Herzogtum Magdeburg, Kurmark Brandenburg und Herzogtümern Pommern und Preußen zu ihrer Profession und Lebensart am bequemsten finden werden, zu erwählen. Und gleichwie Wir dafür halten, daß in gedachter Unserer Kurmark Brandenburg die Städte Stendal, Werben, Rathenow, Brandenburg und Frankfurt und in dem Herzogtum Magdeburg die Städte Magdeburg, Halle und Kalbe wie auch in Preußen die Stadt Königsberg sowohl deshalb, weil daselbst sehr wohlfeil zu leben, als auch wegen der allda sich befindenden Leichtigkeit zur Nahrung und Gewerk für sie am bequemsten sein werden, also haben Wir die Anstalten machen lassen, befehlen auch hiermit und kraft dieses, sobald einige von den erwähnten evangelisch-reformierten französischen Leuten daselbst ankommen werden, daß alsdann dieselben wohl aufgenommen, und zu allem dem, so zu ihrem Etablissement nötig, ihnen nach aller Möglichkeit verholfen werden soll (...).

5.
Sofern in den Städten, Flecken und Dörfern, wo mehr gedachte Leute von der Religion sich niederlassen und ihre Wohnung aufschlagen werden, einige verfallene, wüste und ruinierte Häuser vorhanden sind, deren Besitzer nicht des Vermögens waren, dieselben wieder aufzurichten und in guten baulichen Zustand zu setzen, so wollen Wir dieselben gedachten Unseren französischen Glaubensgenossen für sie, ihre Erben und Erbeserben als Eigentum anweisen und geben, dabei auch dahin sehen lassen, daß die vorigen Besitzer wegen des Wertes sotaner Häuser befriedigt werden und dieselben von allen Lasten, Hypotheken, Kontributionsnöten und anderen dergleichen Schulden, welche vorhin darauf gehaftet, gänzlich befreit und frei gemacht werden sollen. Dergestalt Wir ihnen denn auch Holz, Kalk und andere Materialien, deren sie zur Reparierung dergleichen wüster Häuser benötigen, unentgeltlich anschaffen lassen und ihnen eine sechsjährige Freiheit von allen Auflagen, Einquartierung und anderen öffentlichen Lasten (...) verstatten (...).

8.
Diejenigen, welche einige Manufakturen von Tuch, Stoffen, Hüten oder was sonst ihre Profession mit sich bringt, anzurichten willens sind, wollen Wir nicht allein mit allen desfalls verlangten Freiheiten, Privilegien und Begnadigung versehen, sondern auch dahin bedacht sein und die Anstalt machen, daß ihnen auch mit Geld und anderen Notwendigkeiten, deren sie zur Fortsetzung ihres Vorhabens bedürfen werden, soviel als möglich, beigestanden und an die Hand gegangen werden soll.

11.
In einer jeden Stadt wollen Wir gedachten Unseren französischen Glaubensgenossen einen besonderen Prediger halten, auch einen bequemen Ort anweisen lassen, woselbst die Ausübung der reformierten Religion in französischer Sprache und der Gottesdienst mit eben den Gebräuchen und Zeremonien gehalten werden soll, wie es bisher bei den evangelisch-reformierten Kirchen in Frankreich gebräuchlich gewesen ist.

14.
In allen und jeden Unseren Landen und Provinzen wollen Wir gewisse Kommissare bestellen lassen, zu welchen die oft gedachten französischen Leute sowohl bei ihrer Ankunft als auch nachgehends ihre Zuflucht nehmen und bei denselben Rat und Beistand sich holen sollen (...).
Urkundlich haben Wir dieses Edikt eigenhändig unterschrieben und mit Unserem Gnadensiegel bedrucken lassen.
So geschehen zu Potsdam den 29. Oktober (8. Nov.) 1685.

[gekürzt]

[Infolge des Potsdamer Edikts wanderten bis 1700 etwa 10.000 der seit der Aufhebung des Edikts von Nantes in ihrer Heimat verfolgten Hugenotten in die Mark Brandenburg ein. Sie siedelten sich vor allem in Berlin und der Uckermark an. In Berlin machten die Hugenotten um 1700 etwa ein Fünftel der Bevölkerung aus.]

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