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Tu du es!

Informationen

Literaturangabe:

Veckenstedt, Edmund
Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche, Graz 1880

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Tu du es!

Tu du es!

Bei einem Gutsherrn in Cottbus konnten es die Dienstmädchen nicht aushallen. Jede Nacht erschien etwas an ihrem Bett. Davor entsetzten sie sich so, daß sie stets nach wenigen Tagen den Dienst aufgaben. Einst trat ein Mädchen in den Dienst, das fest entschlossen war, denselben nicht aufzugeben, es geschehe, was da wolle. Als es Abend wurde, legte sich das Mädchen zu Bett. In der Nacht trat ein Mütterchen an ihr Bett und sprach: "Blau Flämmchen, Hanka, geh in den Keller." Da erfaßte das Mädchen dennoch ein Grauen, und es kroch unter die Decke. In den folgenden Nächten hatte es dieselbe Erscheinung. Endlich entschloß sich die Magd, zum Pfarrer zu gehen und ihm das Begebnis mitzuteilen. Der Pfarrer riet ihr, sie solle dem Mütterchen folgen, stets aber, wenn es von ihr etwas verlange, antworten: "Tu du es." In der folgenden Nacht, als das Mädchen sich wieder zu Bett gelegt hatte, erschien das Mütterchen wieder und sprach: "Blau Flämmchen, Hanka, geh in den Keller." Das Mädchen erwiderte: "Tu du es." Darauf ging das Mütterchen voran, Hanka aber folgte. Als sie an die Kammertür kamen, fanden sie diese verschlossen. Da sprach das Mütterchen: "Hanka, schließ auf." Diese aber antwortete: "Tu du es." Da hauchte das Mütterchen in das Schloß hinein; sofort sprang die Tür auf. Darauf trat das Mütterchen in den Keller, das Mädchen folgte ihm. In einer Ecke des Kellers spielte ein blaues Flämmchen über der Erde. Das alte Mütterchen ergriff eine Schippe und sprach zu dem Mädchen: "Grabe nach." Das Mädchen aber erwiderte: "Tu du es." Darauf grub das Mütterchen nach. Bald stieß es auf einen Topf mit Gold. Den hob das Mütterchen aus der Erde und trug ihn dem Mädchen auf die Kammer. Das Mädchen legte sich zu Bett und schlief ruhig ein, als ob nichts geschehen wäre. Am andern Morgen glaubte es geträumt zu haben, allein vor seinem Bett stand
richtig ein Topf mit Gold. So war das Mädchen sehr reich geworden. Nachträglich stellte sich heraus, daß einst eine alte sehr geizige Frau das Geld vergraben hatte. Sie hatte aber im Grab keine Ruhe gefunden, bis ihr vergrabener Schatz wieder ans Licht kam.

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