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Hinter manchen Augen eine Schraube - Die Kunst der lyrischen Ekphrase

Donnerstag, 11. April 2024

19:30 UHR

Veranstaltungsort

Haus für Poesie

Knaackstr. 97
10435 Berlin
http://www.haus-fuer-poesie.org

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Eintritt: 6/4 €

Details

Die lyrische Ekphrase, die Beschreibung eines Gemäldes oder Kunstobjekts im Gedicht, ist nahezu so alt wie die Gattung selbst. Sie steht unter dem unbedingten Primat der Anschaulichkeit. Das erste Beispiel ist die Beschreibung von Achilles Schild in Homers Ilias. Von da führt der Weg über John Keats griechische Urne, W. H. Audens Ikarus-Gedicht und Rainer Maria Rilkes Archaïschen Torso Apollos bis hin zu Marianne Moores KandelaberSchwan. In diese Tradition reihen sich vier Dichter:innen ein, die sich auf je unterschiedliche Weise dem Bildgedicht nähern:

Claudia Gabler (geboren 1970 in Lörrach) reagiert in ihren Gedichten auf Gemälde von so unterschiedlichen Maler:innen wie z. B. Caspar David Friedrich oder Frida Kahlo. Sie findet treffende Worte für die Bildwelten von Hieronymus Bosch („ein Messietum voll Symbolik“) und Neo Rauch („ein Maler transpiriert ins Revier / und beleuchtet die Schöpfung mit seinem Schweiß“). Das „Schauen braucht Herz“ heißt es einmal bei ihr, und „das Lid hält sich feierlich offen“. Eugene Ostashevsky (geboren 1968 in Sankt Petersburg) schrieb im Auftrag des Louvres ein Gedicht über Giorgiones Gemälde Ländliches Konzert. Aus einem imaginierten Zwiegespräch der Protagonist:innen im Bild entwickelt sich nicht nur ein hochpolitischer Kommentar zur aktuellen Lage, sondern auch eine Poetik des Sehens und Sagens: „It shows how poetry is born of poetry and returns to poetry“.

Birgit Kreipe (geboren 1964 in Hildesheim) tritt in drei Zyklen ihres Bandes aire (kookbooks 2021) in den Dialog mit bildender Kunst. Präzise bescheibt sie die „ahnung / vom doppelcharakter der hitze“ und die „absprachen zwischen licht und staub“ in Francesca Woodmans House Series, begibt sich mit Gerhard Richters bemalten Fotografien in einen Park hinter dem Park, in dem die Helligkeit des Tages aus einem „angekippten klaren Topf“ fließt.

Emanuel Schneider (geboren 1995 in Köln) ergründet in seinen Gedichten die Gemälde der Malerin Cécile Lempert. In einer sprachlichen Meditation über Die Opferung Isaaks heißt es: „Vor dem Bild, dass dir die Beine schmerzen / und sie deine Blicke aus dem Nacken / durch die Stirn auf ihre Leinwand zieht.“

In Lesung und Gespräch: Claudia Gabler | Birgit Kreipe | Eugene Ostashevsky | Emanuel Schneider
Moderation: Asmus Trautsch

Veranstalter