Die Dichterin Barbara Köhler (geboren 1959 in Burgstädt, gestorben 2021 in Mühlheim an der Ruhr) wollte durch die Lücke zur Sprache kommen. Geschult durch ostdeutsche Diktaturerfahrung schrieb sie ihre Texte als eine poetische Revolte gegen eine privilegierte, männliche Autorinstanz. Das Deutsche empfand sie als „seltsam zentrische Sprache“, ihm setzte sie ein anderes, ein vielstimmiges Sprechen entgegen, in dem ein „Summen der Differenzen“ zum Klingen kommt. Ihr ging es darum, „die hardware der ichmaschine“, die auf „finale feststellung“ hinarbeitet, spielerisch zu durchkreuzen. Köhler wusste: „Ich habe das Sagen nicht“ und „Ich ist Papier vom anderen beschrieben“. Früh entstand ihr Werk deshalb im Dialog, vor allem mit bildender Kunst. Das Wort tritt in den Raum, wird zum Gegenstand in einer direkten Auseinandersetzung mit einem wechselnden Gegenüber. Ihre Texte sind geprägt von Orten (Duisburg, Istanbul und Lissabon) und lebenslangen Obsessionen (Wittgenstein und die Odyssee). Ihre Beckett- und Stein-Übersetzungen sind kanonisch. Im Suhrkamp Verlag ist jetzt der von Marie Luise Knott herausgegebene Band Schriftstellen erschienen. Er gibt Einblick in das reiche Werk, versammelt Texte aus allen Schaffensphasen, von Deutsches Roulette über Niemands Frau bis Istanbul, zusehends und Schriften aus dem Nachlass.
In Lesung und Gespräch: Anneke Brassinga | Marie Luise Knott | Ulf Stolterfoht
Moderation: Uljana Wolf
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