Dorota Stroińska wurde 1965 in Poznań geboren und lebt seit 1986 in Berlin. Sie studierte Germanistik und Slawistik in Poznań, Berlin und New York. Seit 1994 arbeitet sie als Literaturübersetzerin aus dem Deutschen ins Polnische (u.a. Lutz Seiler, Karl Jaspers, Rüdiger Safranski, Christian Kracht, Sibylle Lewitscharoff, Ilse Aichinger), aber auch aus dem Polnischen ins Deutsche (u.a. Wojciech Kuczok, Aleksandra und Daniel Mizielińscy). Regelmäßig ist sie als Jurorin tätig, kuratiert und moderiert Kulturprogramme und Lesungen für erwachsene und junge Leser·innen. Sie gründete den deutsch-polnischen Übersetzer-Sztamtysz, forschte im Karl Dedecius Archiv, leitet deutsch-polnische Übersetzerseminare (ViceVersa, Fortbildungsprogramm KRANICHE/ŻURAWIE) und unterrichtet hin und wieder an den Universitäten. Sie ist Mitgründerin des Festivals für Literaturübersetzung translationale berlin.
Was hat Sie nach Berlin verschlagen? Die Liebe? Der Zufall? Die Weltpolitik?
Das Studium. Lesedurst. 1986 grenzte es an ein Wunder, als Studentin jenseits des Eisernen Vorhangs nach West-Berlin zu kommen, um 1 Semester Germanistik zu studieren. Das Wunder geschah, aus einem Semester an der Freien Universität wurde ein freies Leben.
An Berlin liebe ich:
Die Großzügigkeit. Eine Stadt für jede Lebensart, für jeden Dilettantismus und jedes Brieftaschenvolumen. Einzigartig das Biotop aus Großstadt und Provinz, aus temperamentvollem Kulturleben und stillen Parks und Wäldern mit ihren Füchsen und Wildsäuen.
In Berlin vermisse ich:
Twaróg - eine Art Weißkäse, Quark aus weder pasteurisierter noch homogenisierter Sauermilch. Ogórki małosolne – für 1-2 Tage mit frischem Meerrettich, Knoblauch, Dill, Senfkorn und Himbeerblättern eingelegte Gurken.
Ein Lieblingsort in Berlin:
Meine Lieblingsorte bilden eine Kartografie meiner letzten 30 in Berlin gelebten Jahre. Sie sind mit besonderen Begegnungen und Geschichten verbunden und liegen oft am Wasser: eine Wiese am Landwehrkanal, eine Holzbank am Schlachtensee, die LCB-Terrasse…
Sind Sie in Berlin ein anderer Mensch, eine andere Autorin, ein anderer Autor als im Land Ihrer Herkunft? Inwiefern?
Übersetzen ist mein Beruf und meine Existenzform, eine Art, in der Welt zu sein. In mir leben zwei Sprachen in einer glücklichen Beziehung zusammen. Im Duett schaffen sie etwas Drittes, wo ich Geborgenheit spüre, schenken mir sinnlichere, tiefere Wahrnehmung.
Ein literarisches Werk, das ich gern geschrieben hätten:
Zwei Bücher bringen für mich die existenzielle Erfahrung, in einer fremden Sprache zu leben, exemplarisch zum Ausdruck: Eva Hoffman: Lost in Translation. Ankommen in der Fremde (2001) und Katja Petrowskaja: Vielleicht Esther (2014).
Preise
2017 Nominiert für den Mitteleuropäischen Literaturpreis ANGELUS in der Kategorie Übersetzung (Lutz Seilers Roman Kruso)
1998 Preis des Polnischen Übersetzerverbandes für die beste Übersetzung des Jahres 1997 im Bereich der Geisteswissenschaften für Karl Jaspers Werk "Nietzsche"
Stipendien
2016 Stipendium der Robert-Bosch-Stiftung für einen Arbeitsaufenthalt im Künstlerhaus Lukas in Ahrenshoop (Übersetzungsprojekt: Lutz Seiler „Kruso“)
2015 Einladung der Kunststiftung NRW zum Straelener Atriumsgespräch von Lutz Seiler mit 15 Übersetzern von „Kruso“ im Europäischen Übersetzer-Kollegium in Straelen
2010 - 2012 Forschungsstipendium der Deutsch-Polnischen Wissenschaftsstiftung
2010 Stipendium der Robert-Bosch-Stiftung für einen Arbeitsaufenthalt im Übersetzerhaus Looren (Übersetzungsprojekt: Christian Kracht „Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten“)
1995 - 1995 Stipendium des Berliner Senats für einen Arbeitsaufenthalt im Künstlerhaus Schloss Wiepersdorf (Übersetzungsprojekt: Karl Jaspers "Nietzsche")