Leselampe

Buchempfehlung der Woche

von Laura Ott
Ist zuständig für das Hausmanagement und Literaturprojekte am Literarischen Colloquium Berlin

Liliana Corobca
Der erste Horizont meines Lebens
(Roman); Aus dem Rumänischen von Ernest Wichner, Paul Zsolnay Verlag, Wien 2015

Alles beginnt mit einer Zecke auf Dan. Man wird hineingezogen in den Roman und so kommt‘s, dass man auf einmal neben zwei Geschwistern im Gras hockt und nicht weiß, was man nun machen soll: „Die Zecke klebte am Bauch, gleich neben dem Nabel, trank das Blut des Kindes. Das Mädchen, eher vom Gebrüll des Bruders verängstigt denn von jenem schwarzen Punkt, machte sich auf, Hilfe zu holen.“

Das Mädchen, das ist Cristina, die Heldin der Geschichte, die älteste von drei Kindern. Sie lebt in einem kleinen Dorf in der Republik Moldau. Sie putzt das Haus, kocht, füttert Hühner und Schweine und kümmert sich um ihre Brüder. Die Eltern? Die arbeiten im Ausland, Italien, Sibirien, müssen Geld verdienen, das es zu Hause nicht gibt und können somit keine Eltern sein. Die einzige Hilfe, die bleibt, ist die Dorfgemeinschaft, so angeschlagen diese auch ist.

Corobca gelingt es, der kleinen großen Cristina eine freche und kluge Stimme zu verleihen. Das Warten auf die Eltern, Verlassen sein und Überlebenskampf gehen Hand in Hand mit kindlicher Unbeschwertheit, Glück und Erwachsenwerden. Der erste Horizont meines Lebens ist ein Buch, dessen Thema, Sound und Figuren einen noch lange nach der Lektüre beschäftigen.

„Wollen Sie nicht eine Zecke herausholen?
Doch, Warum nicht. Wo ist Sie?“

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