Leselampe

Buchempfehlung der Woche

von İnci Bürhaniye
Verlegerin des binooki Verlags

Ahmet Hamdi Tanpınar
Das Uhrenstellinstitut
(Roman); Aus dem Türkischen von Gerhard Meier, Carl Hanser Verlag, München 2008

Tanpınar, studierter Literaturwissenschaftler, Gymnasiallehrer und später Professor an der Hochschule in Istanbul war kurze Zeit (1942-1946) sogar als Abgeordneter der Republikanischen Volkspartei in der Nationalversammlung tätig.

1901 geboren und 1962 gestorben, erlebte er das Ende des Osmanischen Reiches und die Gründung der Republik Türkei unter Atatürk. Sensibel und ausgestattet mit einer guten Beobachtungsgabe schildert er in seinen Romanen den Wandel im Land.

In seinem Werk “Das Uhrenstellinstitut” beschreibt Tanpınar die Veränderung der gesellschaftlichen Werte unter dem Einfluss der neu gegründeten Republik. Der Protagonist und Ich-Erzähler Hayri Irdal schildert seine eigene Geschichte und die Etablierung des “Uhrenstellinstituts”. Aufgabe des Instituts ist, die Uhren im Land richtig zu stellen, die Zeit zu beachten und keine Sekunde zu verlieren – nur so kann die Zukunft gestaltet werden. Das Karikieren der Bestrebungen, die Türkei zu modernisieren, ist dabei unschwer zu erkennen.

So wird das auf einer Idee des uhrenliebenden Protagonisten basierende und von dem Lebenskünstler Halit Ayarci etablierte Institut immer weiter ausgebaut, ohne dessen Sinn zu hinterfragen. Nicht nur, dass Hayri Irdal zur Rechtfertigung des Daseins des Instituts die fiktive Biografie eines Uhrmachers aus dem 17. Jahrhundert erfindet, es wird zudem eine Uhrenbank etabliert und zur Finanzierung des Instituts werden Bußgelder von Passanten auf der Straße eingetrieben, weisen ihre kontrollierten Uhren nicht die exakte Zeit.

Hin und wieder plagen Hayri Irdal Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Tuns und des Instituts. Er bleibt aber der Beobachtende. “Wie alle unter einem unguten Stern Geborenen sah ich es einfach stets als Gewinn an, wenn ich mich – um welchen Preis auch immer – aus einem Unglück, das mich traf, irgendwie herauswinden konnte. “, sagt er und lässt alles geschehen.

Wortreiche Fantasie und faszinierende Wortgewalt kennzeichnen das Meisterwerk Tanpınars. Ein viel beachteter, bedeutender Autor der türkischen Literatur der Moderne – zeitlos wie die ersten Zeilen eines seiner Gedichte….“Nicht bin ich in der Zeit, nicht bin ich völlig außerhalb von ihr.“

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