Leselampe

2019 | KW 23

© Augusto Paim

Buchempfehlung der Woche

von Gabriela Cabezón Cámara
Die argentinische Schriftstellerin wurde mit einer Romantrilogie, einer Graphic Novel und zuletzt mit dem Roman »Las aventuras de la China Iron« (2017) bekannt. Sie ist Mitbegründerin der feministischen Bewegung NiUnaMenos („Not One Less“).

Fjodor Dostojewski
Der Idiot
Roman; Aus dem Russischen von Hermann Röhl, Anaconda Verlag, Köln 2007 (Deutsche Erstausgabe: S. Fischer Verlag 1889)

Ein Buch, das mein Leben verändert hat: Ich könnte viele nennen. Wie wir alle, die schreiben, besitze ich eine ganze Bibliothek, die mir das Schreiben beigebracht hat, die die Welt für mich breiter und vielfältiger, unberechenbarer, reicher gemacht hat. Aber es waren vor allem die Bücher meiner Kindheit und Jugend, die mir geholfen haben, zu leben: Sie erbauten mir ein Zuhause ohne Grenzen und ohne Gewalt. Insbesondere an Dostojewskis "Der Idiot" muss ich denken. Ich war 18, hatte den ganzen Sommer in Innenstadt von Buenos Aires gearbeitet, war schwarz von der Sonne, hatte etwas Geld verdient. Ich wusste nicht, ob ich (wie viele meiner Freunde) eine Reise durch Lateinamerika angehen oder eine Wohnung mieten und das Haus meiner Eltern verlassen sollte. Es war keine so einfache Entscheidung: Ich wollte schon reisen. Eines Nachmittags in einem Park, unter einem großen Zedrachbaum, entschied ich mich dann beim Lesen des "Idiots". Ich habe diesen Charakter geliebt, so wie ich auch Aljosha Karamasow liebte. Ich fragte den Idioten, was ich tun sollte und schlug zufällig eine Seite auf. Ich weiß nicht, was er antwortete, aber einige Tage später hatte ich meine erste Wohnung gemietet.

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