Leselampe

Buchempfehlung der Woche

von Korbinian Verlag (Berlin)

Am 1. Mai haben wir, der Korbinian Verlag, unseren fünften Geburtstag gefeiert – naja, so halb. Und nein, tatsächlich hätten wir – die drei Verleger*innen – vermutlich selbst nicht gedacht, dass es mal soweit kommen würde. Und dass wir es schaffen würden, die anmaßende Prämisse, die wir uns im ersten Text über unseren Verlag auferlegt hatten – »Literatur zu verlegen, die unterhält und aneckt.« zu erfüllen. Seit 2015 haben wir zwölf Bücher gemacht – Erzählbände über das Wegrennen vor der Polizei sind genauso darunter wie satirische Manifeste, die größtenteils als ernsthafte Manifeste gelesen wurden, Absagen an die Lesegewohnheiten deutscher Leser*innen, ebenso wie ein offenbar konsensfähiger Romahit. Jetzt wisst ihr zwar noch nicht, wer wir sind, aber habt hoffentlich Lust, euch die Bücher unser durch die Bank fantastischen Autor*innen anzusehen. Das könnt ihr zum Beispiel hier: www.korbinian-verlag.de (Katharina Holzmann, Sascha Ehlert & David Rabolt, 20.06.2020)

Cemile Sahin
TAXI
(Roman), Korbinian Verlag, Berlin 2019.

Eine Mutter, ihr verschollener Sohn und einer, der ihn ersetzen soll, stehen im Zentrum des Debüts der Künstlerin Cemile Sahin, dem ersten im Korbinian Verlag erschienen Roman. »TAXI« ist gewissermaßen ein Antikriegsroman in der Form eines seriell erzählten filmischen Rides, dem von der Presse gern und oft eine gewisse Nähe zu kontemporären Netflix-Serien attestiert wurde. Noch interessanter als die Form ist an diesem Buch aber: das Erzählte. Wie Cemile Sahin die Lebenswelt kriegsgebeutelter Menschen beschreibt, die versuchen, die Deutungshoheit über das eigene Leben und die eigene Erzählung zu behalten, ist intensiv. Dennoch bleibt Sahin, egal wie traurig die Schicksale der Protagonisten sind, dabei stets humorvoll, spielt zum Beispiel mit slapstickhaften Einsprengseln.
»TAXI« stellt die Frage, was von Obrigkeiten aufgesetzte Narrative mit den Menschen und ihrem Verhalten machen und inwieweit diese ihr Leben bestimmen.

Als der Roman im September 2019 erschien, kristallisierte sich schnell heraus, dass wir nicht die einzigen bleiben würden, die von diesem Text begeistert sind. Als zunächst Julia Encke, Literaturchefin der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, in eben dieser schrieb: »Die Entschiedenheit, Klarheit, Härte und Sicherheit im Ton in „TAXI“, dem ersten Roman von Cemile Sahin, ist (…) eine Wucht.« startete dies einen Reigen positiver Rezensionen, die sich durch sämtliche großen überregionalen Medien zog. Melanie Weidemüller sagte im Deutschlandfunk: »So geht zeitgemäßes Erzählen.« Und Birte Mühlhoff attestierte »TAXI« in der SZ es sei ein urkomisches Verwirrspiel mit ernster Botschaft und insgesamt: beeindruckend. Mittlerweile ist die dritte Auflage von TAXI erhältlich.

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2020

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